Der Ce 2/3 73 im Ablieferungszustand. Der Wagen trägt das zwischen 1924 und 1938 übliche «Calini-Grün» mit dunkel abgesetzten Abdeckstäben und (vermutlich) gelben Zierlinien.
© Werkaufnahme SWS (Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen)
 

Dreiachsige Motorwagen mit Lenkuntergestell wurden bereits 1926 in Zürich erprobt (Xe 2/4 913) und liefen auch anstandslos in verschiedenen anderen Städten wie etwa Wien (Typ P, Nrn. 455 und 456), Winterthur (Ce 2/3 1–5) oder Saarbrücken (Nrn. 50 und 51).

In Basel tat man sich mit der Beschaffung derartiger Fahrzeuge schwerer. Bei den Basler Strassenbahnen (B.St.B.) bestand nach der Beschaffung der Ce 2/2 207–216 kein unmittelbarer Bedarf an zusätzlichen Motorwagen mehr. Für den zwar wünschbaren Ersatz veralteter Fahrzeuge fehlte das Geld.

Um dennoch ein motorisiertes Lenkuntergestell im eigenen Betrieb erproben zu können, beabsichtigten die B.St.B., zusammen mit den Anhängewagen C3 703–722 trotzdem einen passenden Motorwagen in Auftrag zu geben. Der hierfür dem Parlament beantragte Kredit in Höhe von Fr. 76’000.– kam allerdings erst beim zweiten Anlauf durch. Die Inbetriebsetzung des Ce 2/3 73 verzögerte sich somit bis in den Mai 1935. Zu dieser Zeit setzte die benachbarte Birseckbahn AG (BEB) ihre ersten zu Dreiachsern umgebauten Motorwagen (Ce 2/3 1–4 bzw. Ce 2/3 7–9 «Valutawagen») bereits mit Erfolg ein.

Technische Daten bei Inbetriebsetzung:

Typenbezeichnung: Ce 2/3
Anzahl Wagen: 1
Wagennummern: 73 (ab 1947 Nr. 303)
Im Linienbetrieb: 1935 bis 1972

Mechanischer Teil: SWS, SLM
Elektrische Ausrüstung: BBC
Anschaffungskosten/Wg.: CHF 82’800.–

Länge über alles: 11’180 mm
Grösste feste Breite: 2’200 mm
Grösste feste Höhe: 4’010 mm
Gesamtradsatzabstand: 4’800 mm
Radsatzfolge: A’1’A
Dienstgewicht: 17’000 kg
Sitz-/Stehplätze: 26/16
Höchstgeschwindigkeit: 36 km/h

Anzahl Fahrmotoren: 2
Hersteller/Typ: BBC GTM 132
Stundenleistung: 2 x 74 PS bzw. 2 x 54 kW
Übersetzungsverhältnis: 1:5,71

Bremsen: elektrische Widerstandsbremse, Zweikammer-Druckluftbremse, Magnetschienenbremse, Handbremse, Einrichtungen für Anhängewagen-Solenoidbremse

Der Ce 2/3 73 war in mehrfacher Hinsicht ein besonderes Fahrzeug. Als einziger neu beschaffter Dreiachs-Motorwagen war er zugleich der letzte Triebwagen mit einem Kastengerippe aus Holz. Ausgerüstet mit Druckluftbremse, BBC-Scherenstromabnehmer, Brosebandkästen, Tachograph und thermostatgesteuerter Warmluftheizung markierte er den Höhepunkt der Fahrzeuggeneration 1911–1935.

Der Wagenkasten, erbaut von der Schweizerischen Wagons- und Aufzügefabrik AG in Schlieren (SWS), basierte auf den C3 703–722. Hauptabmessungen, Endeinstiege und Ausstattung entsprachen in etwa diesen Anhängewagen. Analog den Anhängewagen ausgeführt waren auch Anzahl und Grösse der Fenster, deren Anordnung, Sitze sowie Dachform.

Das Lenkuntergestell kam selbstverständlich aus den Hallen der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik AG in Winterthur (SLM). Die beiden Fahrmotoren des Typs BBC GTM 132 waren als Tatzlagermotoren ausgebildet, was aussengelagerte Endachsen voraussetzte Mit dieser Bauart liess sich ein ausgezeichnetes Adhäsionsverhältnis erzielen. Alle Radsätze waren rollengelagert; die Lenkräder drehten lose auf der Achse. Die Abfederung der Radsätze gegenüber dem Untergestell erfolgte mittels längsliegenden Blattfedern. Auf den darüber angeordneten Längsblattfedern ruhte der Wagenkasten unter Zwischenschaltung von vier in Öl laufenden Kastentragrollen, welche in den Federbunden eingebaut waren. Zug- und Stosskräfte wurden über Drehzapfen übertragen. Sowohl die Endachsen als auch die Lenkachse waren klotzgebremst. Vier Schienenbremsmagnete unterstützten die Bremswirkung. Bemerkenswert ist, dass der Dreiachser dafür vorbereitet war, um bei Nichtbewährung zum vierachsigen Drehgestellwagen umgebaut zu werden…

Vermutlich während der Mustermesse 1944 befndet sich der seinerzeit modernste Balser Tram-Motorwagen Ce 2/3 73 mit den beiden offenen Aussichtswagen C 260 und 262 («Badwännli») auf einer Extrafahrt. Soeben biegt er vom Messeplatz in die Clarastrasse ein.
© Ansichtskarte Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen

Spätere Änderungen (Auswahl)

  • 1951: halbautomatische +GF+-Kupplungen (Länge über alles neu 11’340 mm)
  • 1954: Richtungsblinker

Abgesehen von der entgleisungsfreudigen Mittelachse bewährte sich der ab 1947 mit der Nummer 303 bezeichnete Musterwagen gut. Dementsprechend musste er in seiner knapp 40jährigen Dienstzeit keine grösseren Umbauten über sich ergehen lassen.

Im Rahmen einer Revision 1965–66 erfolgten eine Modernisierung und der Umbau zum Einrichtungswagen. Dabei wurden auch die Dachaufbauten neu angeordnet, der Stromabnehmer nach vorne verschoben und der hintere Brosebandkasten abgebaut. Der Innenraum erfuhr durch die Montage neuer Verkleidungen und einer Leuchtstoffröhren-Beleuchtung eine Aufwertung.

Der Dreiachser debütierte 1935 auf den übers Bruderholz führenden Linien 15 und 16. Verschiedene Entgleisungen der Mittelachse führten bald zur Versetzung auf die kurvenarme Vorortslinie 11 nach Aesch, welcher der Wagen bis zur Ausmusterung 1972 treu blieb. Bei Mangel an Grossraum-Motorwagen konnte man ihn auch als Alleinfahrer auf der Linie 18 antreffen.

Auch nach dem Umbau zum Einrichtungswagen war der Be 2/3 303 praktisch ausschliesslich auf der Linie 11 anzutreffen. Um 1970 fährt er in die Schlaufe Aesch ein.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 79.2)

Name anlässlich des Jubiläums «60 Jahre BVB» (1955)

  • Ce 2/3 73: zur Tanne

Fahrzeugporträt

Ce 2/3 73

→ ab 1947 Ce 2/3 303, ab 1956 Be 2/3 303

Inbetriebsetzung: 18.05.1935
Ausmusterung: 27.10.1972

Verbleib: Abbruch (Schlatter, Münchwilen)

Zuletzt aktualisiert am 25. November 2023 von Dominik Madörin