Als vierte Linie neben der Stammlinie, der Wettstein-Linie und der Birsfelder-Linie entstand 1897 eine neue Tramlinie vom Claraplatz in Richtung Kleinhüningen. Sie wurde als grüne Linie gekennzeichnet.
Bei einer Probefahrt auf der neuen Strecke rheinabwärts kam es am 12. April 1897 zu einem Unfall: Ein Tramwagen kollidierte mit einem mit zweihundert Eiern und etlichen Butterballen beladenen Handkarren und warf diesen um. Die Aufnahme des Regelbetriebs zwei Tage später wurde durch diesen Vorfall nicht beeinträchtigt. Allerdings verkehrten die Linienwagen zunächst nur bis zum Klybeckschloss. Den Streckenabschnitt bis ins eigenständige Fischerdorf Kleinhüningen konnten die Basler Strassenbahnen (B.St.B.) erst vier Monate später fertigstellen.
Um 1900 fährt ein Wagen der Kleinhüninger-Linie vom Claraplatz her kommend in die Klybeckstrasse ein.
© Ansichtskarte Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen
Am 31. Mai 1900 unternahm der Postillon von Allschwil mit seinem Dreiergespann vom Basler Posthof (heute Hauptpost) seine letzte Fahrt nach «Neu-Allschwyl». Tags darauf konnte die neuerstellte Tramstrecke vom Steinenberg via Heuwaage–Austrasse zur Allschwilerstrasse (heute Haltestelle Morgartenring, zwischenzeitlich Morgartenplatz) in Betrieb genommen werden. Voraussetzung für deren Bau war die Verlegung des Bahnhofs der Birsigthalbahn vom Fusse des Klosterbergs auf den Heuwaage-Platz.
Die nun zwischen Barfüsserplatz und Allschwilerstrasse pendelnden Tramwagen wurden ebenfalls als grüne Linie gekennzeichnet. Auf ihrem Weg zur Allschwilerstrasse fanden sie bis im Mai 1901 allerdings noch ein Hindernis vor: Da das Trasse der Elsässerbahn noch im heutigen Strassenzug Kannenfeldstrasse–Spalenring–Steinenring lag, bestand beim Brausebad eine niveaugleiche Gleiskreuzung. Diese durfte nur von Dienstfahrten vom und zum ebenfalls 1900 eröffneten Depot Allschwilerstrasse befahren werden, so dass weiterfahrende Fahrgäste den Wagen zu wechseln und den Bahnübergang zu Fuss zu überqueren hatten. Ab dem 12. Mai 1901 benutzten die Züge der Elsässerbahn ihre neue, in weitem Bogen um die Stadt führende Strecke. Vom 15. Mai 1901 an entfiel daher der Umsteigevorgang beim Brausebad.
Auf beiden Linienteilen Claraplatz–Kleinhüningen und Barfüsserplatz–Allschwilerstrasse folgten sich die Wagen zwischen 07:00 und 21:00 Uhr im 6-Minuten-Takt. Vor 07:00 bzw. nach 21:00 Uhr boten die B.St.B. ein 12-Minuten-Intervall mit einzelnen Zwischenkursen an. Dabei liefen die Wagen nach Kleinhüningen aus dem Depot Klybeck aus, jene des westlichen Linienteils aus dem Depot Allschwilerstrasse.
Am 15. Oktober 1903 konnte der durchgehende Betrieb Allschwilerstrasse–Kleinhüningen aufgenommen werden. Gefahren wurde ab ca. 05:45 bis 07:00 Uhr in einem reinen 12-Minuten-Takt, tagsüber in einem 6-Minuten-Intervall bis ca. 21:00 Uhr, danach bis ca. 23:00 Uhr wieder alle 12 Minuten. Für dieses Angebot waren sechs Kurse aus dem Depot Allschwilerstrasse und vier aus dem Depot Klybeck erforderlich.
1907 wurde aus der grüne Linie die Linie 4. Fast 70 Jahre lang blieb der 4er der Strecke ins 1908 von der Stadt Basel eingemeindete Fischerdorf treu. Allerdings konnten die B.St.B. den Kursen der Linie 4 bis 1923 keine Anhänger mitgeben. Einerseits fehlte am Claraplatz eine direkte Gleisverbindung zur Greifengasse, so dass dort eine Spitzkehre zu erfolgen hatte. Andererseits bestand in Kleinhüningen kein Umfahrgleis. Anhängerzüge waren anfänglich auch nicht nötig, beklagte die Strassenbahnverwaltung doch schon 1897, dass sie mit der Kleinhüninger-Linie ein Einnahme-Ergebnis erziele, welches lediglich knapp zur Deckung der Betriebsausgaben ausreiche… Bald nahmen die Frequenzen aber zu. Ab 1912 halfen Kurse der Linien 8 und später auch der Linie 18, den 4er in Richtung Kleinhüningen zu entlasten.
Ein Wagen der Serie Ce 2/2 101–136 ist um 1925 auf der Linie 4 in der Güterstrasse unterwegs. Im Hintergrund der Turm der Heiliggeistkirche.
© Ansichtskarte Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen
Vom 14. September 1913 an bediente die Linie 4 die Strecke Bahnhof SBB–Schifflände–Claraplatz–Kleinhüningen Dorf, und zwar tagsüber im 6-Minuten-Takt und in den Randzeiten alle 12 Minuten. Am 8. Juni 1915 kam es zum Zusammenschluss mit der Linie 5. Dabei wurde die Linie 4 vom Bahnhof SBB ins Gundeldingerquartier weitergezogen, wo die Wagen auf den 5er übergingen und nach St. Ludwig fuhren. Auf dieser Kombilinie 4/5 folgten sich die Wagen werktags ab 06:00 Uhr im 6-Minuten-Takt, abends alle 12 Minuten. An Sonntagen wurde alle 12 Minuten gefahren.
Ce 2/2 47 der Linie 4 um 1930 auf dem Barfüsserplatz.
© Ansichtskarte Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen
Linienführung
14.04.1897 bis 15.05.1897: Claraplatz–Klybeckschloss
16.05.1897 bis 28.08.1897: Claraplatz–Wiesenbrücke (Kleinhüningen)
29.08.1897 bis 14.10.1903: Claraplatz–Kleinhüningen Dorf
01.06.1900 bis 14.10.1903: Barfüsserplatz–Heuwaage–Austrasse–Allschwylerstrasse (Morgartenring)
15.10.1903 bis 13.09.1913: Allschwylerstrasse (Morgartenring)–Heuwaage–Schifflände–Claraplatz–Kleinhüningen Dorf
14.09.1913 bis 07.06.1915: Bahnhof SBB–Schifflände–Claraplatz–Kleinhüningen Dorf
08.06.1915 bis 01.09.1939: Tellplatz–Bahnhof SBB–Schifflände–Claraplatz–Kleinhüningen Dorf
02.09.1939 bis 06.09.1939: Tellplatz→Bahnhof SBB→Schifflände→Claraplatz→Kleinhüningen→
Johanniterbrücke→Schifflände→Bahnhof SBB→Tellplatz
07.09.1939 bis 28.09.1939: Thiersteinerallee (Heiliggeistkirche)→Bahnhof SBB→Schifflände→Claraplatz→
Kleinhüningen→Johanniterbrücke→Schifflände→Bahnhof SBB→Thiersteinerallee (Heiliggeistkirche)
29.09.1939 bis 06.05.1945: Thiersteinerallee (Heiliggeistkirche)–Bahnhof SBB–Schifflände–Claraplatz–Kleinhüningen
07.05.1945 bis 28.10.1951: Binningen–Bahnhof SBB–Schifflände–Claraplatz–Kleinhüningen
29.10.1951 bis 15.10.1972: Bahnhof SBB–Schifflände–Claraplatz–Kleinhüningen
16.10.1972 bis 02.06.1984: Mustermesse (Messeplatz)→Claraplatz→Schifflände→Bahnhof SBB→
Kannenfeldplatz→Dreirosenbrücke→Mustermesse (Messeplatz) (in Gegenrichtung Linie 1)
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs errichtete das Militär auf den Rheinbrücken und in anderen Strassenzügen Panzersperren mit der Folge, dass die Wettsteinbrücke und die Johanniterbrücke nur noch in Richtung Grossbasel, die Mittlere Brücke und die Dreirosenbrücke nur noch in Richtung Kleinbasel befahren werden konnte. Bis am 28. September 1939 hatte dies entsprechenden Einfluss auf die Route der Linie 4. Der am 4. Dezember 1939 in Kraft gesetzte erste Kriegsfahrplan wirkte sich hingegen kaum auf den 4er aus. Allerdings wurde deren Verknüpfung mit der Linie 5 aufgegeben. Das Intervall betrug an Werktagen tagsüber 12 Minuten, in den Randzeiten und sonntags 15 Minuten.
Der Übergang zum Friedensfahrplan am 7. Mai 1945 brachte für die Linie 4 einen neuen Endpunkt. Statt ins Gundeldingerquartier verkehrten die Wagen ab Bahnhof SBB nun nach Binningen. Der Fahrplan sah an Werktagen ab 05:30 Uhr zwischen Wiesenplatz und Bahnhof SBB einen 6-Minuten-Takt vor. Nach Kleinhüningen und nach Binningen folgten sich die Kurse alle 12 Minuten. Tagsüber bestand ein integraler 6-Minuten-Betrieb auf der ganzen Linie, bevor ab ca. 20:45 Uhr zum 7½-Minuten-Betrieb übergegangen wurde. Der 7½-Minuten-Betrieb galt auch am Sonntagmorgen.
Dieses Bild des alleinfahrenden Grossraum-Motorwagens Be 4/4 415 erinnert daran, dass die Linie 4 bis 1960 in Kleinhüningen die Wiese überquerte. Seit dem Neubau der Stecke nach Weil am Rhein ist dies wieder möglich.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. -)
Vom 29. Oktober 1951 an war der 4er mit der Linie 1 verknüpft: Die vom Kannenfeldplatz her kommenden Kurse der Linie 1 wechselten am Bahnhof SBB das Nummernschild auf «4» und fuhren weiter durch die Innenstadt nach Kleinhüningen. Den eingesetzten Grossraum-Motorwagen Be 4/4 401ff. war es ab 1960 allerdings nicht mehr vergönnt, in Kleinhüningen den Fluss Wiese zu queren. Als Tribut an den Autoverkehr wurde der letzte Streckenabschnitt etwas verkürzt und die Endhaltestelle auf das südliche Wieseufer zurückgenommen.
Am 22. Juni 1972, wenige Monate, bevor sich die Linie 4 aus Kleinhüningen und dem Klybeck-Quartier verabschiedete, ist der Be 4/6 601 mit dem B 1456 bei der Kaserne in Richtung Claraplatz unterwegs.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. -)
Der Fahrplan der Kombilinie 1/4 sah an Werktagen ab Betriebsbeginn zunächst durchgehend ein 6-Minuten-, ab ca. 20:00 Uhr ein 8½-Minuten-Intervall vor. 1963 wurden erstmals drei Tagtypen Montag–Freitag, Samstag und Sonntag unterschieden. Wesentlichste Änderung war ein 10-Minuten-Tak in den Randzeiten.
Zwischen 1972 und 1984 trugen die Kurse des inneren Rings der kombinierten Linie 1/4 das Kopfschild «4». Mitte der Siebzigerjahre verlässt der Be 4/4 409 mit Grossraum-Anhängewagen den Centralbahnplatz in Richtung Markthalle.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 1.2131)
Im Herbst 1972 verabschiedete sich der 4er aus Kleinhüningen und überliess den Verkehr ab Claraplatz den Linien 12 und 14. Bis zur Abschaffung der Liniennummer 4 anno 1984 befuhren die Wagen mit dem Kopfschild «4» den äusseren Ring: Mustermesse→Schifflände→Bahnhof SBB→ Kannenfeldplatz→Dreirosenbrücke→Mustermesse. Die Kurse in der Gegenrichtung zeigten die Liniennummer 1. Im letzten Fahrplan der Linie 4 herrschte von Montag bis Freitag ab 05:30 Uhr ein 6-Minuten-Takt, der ab 20:00 Uhr auf 12 Minuten wechselte. An Samstagen wurde von Betriebsbeginn bis um 20 Uhr alle 7- bzw. 8 Minuten, danach alle 12 Minuten gefahren. Das 12-Minuten-Intervall galt auch am Sonntagmorgen bis ca. 13:00 Uhr.
Am 2. Juni 1984 wurde die Liniennummer 4 aufgehoben. Fortan schilderten die Wagenführer der Ringlinie in beiden Richtungen die Nummer 1.
2001 erlebte die Liniennummer 4 ein kurzes Revival: Während den drei Basler Fasnachtstagen (5. bis 7. März 2001) waren umgeleitete, zwischen Riehen und Kleinhüningen pendelnde Kurse der Linien 6 und 8 als Linie 4 gekennzeichnet. Leider blieb es bei diesem einen Versuch, bei geplanten Umleitungen von der gewohnten Strecke abweichende Linien mit anderen Nummern deutlich zu kennzeichnen.
2001 erlebte die Liniennummer 4 ein kurzes Revival: Während der Fasnacht waren die zwischen Riehen und Kleinhüningen pendelnden Kurse der Linien 6 bzw. 8 als Linie 4 gekennzeichnet.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 14.46)
Fahrzeugeinsatzbeispiele
Sonntag, 24.04.1955 (Mustermesse) |
Mittwoch, 28.09.1983 (Linie 1/4) |
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Kurs ? Kurs ? Kurs ? Kurs ? Kurs ? Kurs ? Kurs ? Kurs ? Kurs ? Kurs ? |
401 + 1213 402 + 1204 403 + 1217 404 + 1177 407 + 1218 410 + 1201 411 + 1207 412 + 1208 413 + 1202 416 + 1179 |
Kurs 1 Kurs 2 Kurs 3 Kurs 4 Kurs 5 Kurs 6 Kurs 7 Kurs 8 Kurs 9 Kurs 10 Kurs 11 Kurs 12 Kurs 13 Kurs 14 Kurs 15 |
413 + 1476 412 + 1482 404 + 1486 427 + 1495 421 + 1500 609 + 1342 406 + 1493 403 + 1472 420 + 1480 612 + 1325 639 + 1330 642 + 1333 603 + 1335 422 + 1503 424 + 1471 |
Zuletzt aktualisiert am 22. Dezember 2024 von Dominik Madörin
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