Situation im März 2011, Ansicht von Nordwesten. Links im Vordergrund das Personalwohnhaus.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. DFA_7917)

Mit der stetigen Zunahme des Wagenbestands herrschte sowohl im Depot Allschwilerstrasse als auch im Depot Wiesenplatz bald Platzmangel. Im Hinblick auf eine geplante Strecke nach Lörrach dachten die Basler Strassenbahnen (B.St.B.) zunächst an die Errichtung eines neuen Depots in Riehen, gaben diese Idee aber bald zugunsten eines Standorts im Süden der Stadt wieder auf. So liessen sich Leerfahrten für ein- und ausfahrende Wagen verkürzen und dem Wunsch, die südlichen Stadtteile besser mit Früh- und Spätfahrten zu bedienen, besser entsprechen. Nach dem 1914 erfolgten Erwerb eines der Christoph Merian Stiftung gehörenden Grundstücks von 10’600 m2 bewilligte der Grosse Rat den erforderlichen Kredit zum Bau des neuen Betriebshofs unweit des Wolfgottesackers.

Depot Dreispitz um 1916, Ansicht von Süden. Parallel zur Wagenhalle verlaufen die Gleise der Strassenbahnstrecken nach Dornach und Aesch. Im Vordergund kreuzt die normalspurige Dreispitzbahn die Tramgleise niveaugleich.
© B.St.B/BVB (Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen)

Als Architekt konnte der weit über Basel hinaus bekannte Hans Bernoulli (1876–1959) gewonnen werden. Innerhalb eines Jahres entstanden auf dem relativ kleinen Areal zwischen Münchensteinerstrasse, Wolfgottesacker, SBB-Jurabahn und Industriegleis der Dreispitzbahn eine Wagenhalle mit Werkstatt. In Vorbauten untergebracht waren Waschräume, Bäder, Magazine und ein Theoriesaal. Zum Depot gehörte auch ein abgesetztes Personalwohnhaus. Im Dezember 1915 konnten erstmals Wagen auf provisorisch verlegten Gleisen eingestellt werden. Die offizielle Eröffnung fand am 1. Oktober 1916 statt. Die Gesamtkosten inklusive Landerwerb beliefen sich auf 814’600 Franken.

Die auf den ersten Blick unübliche Anordnung von Abstellgleisen, Werkstatt und Diensträumen beruhte auf Erfahrungen mit den bestehenden Depotanlagen und wurde durch den Adjunkten des Direktors der B.St.B., Ing. E. Kiefer, vorgeschlagen. Bei einer Anordnung der Weichenstrassen vor der Depothalle hätte sich entweder eine zwölfgleisige Halle mit an der Rückseite liegenden Diensträumlichkeiten oder eine zehngleisige Wagenhalle mit seitlich angeordneten Diensträumen ergeben. In beiden Fällen hätten rund 80 zweiachsige Fahrzeuge Platz gefunden.

Innenansicht mit Dachkonstruktion aus Holz. Das Depot Dreispitz ist Heimat für die meisten Basler Strassenbahn-Oldtimer.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. D8A_0227)

Mit einer in Basel erstmals realisierten Überdachung der Weichenstrassen liess sich der vorhandene Platz besser ausnützen und 110 Wagen unterbringen. Zudem konnte die Zahl der regelmässig benutzten Tore von zwölf auf zwei reduziert werden, was tiefere Unterhaltskosten und kleinere Wärmeverluste der im Winter geheizten Halle versprach. Die überdachten Weichen benötigten weniger Unterhalt und das Umrangieren von Wagen konnte innerhalb der Halle geschehen, wodurch das Personal den Witterungseinflüssen weniger ausgesetzt war und sich Lärm vom nahen Eingang des Wolfgottesackers fernhalten liess. Aus den im Bereich beidseits der beiden Ein- und Ausfahrtsgleise angeordneten Diensträumen liess sich der Verkehr gut überwachen. In den durch die schräg verlaufenden Weichenstrassen gebildeten gleisfreien Hallenecken fanden Werkbänke, Werkzeugmaschinen und Schmiedefeuer Platz. Auf einem zusätzlichen Gleis konnten Dienstwagen, fahrbare Leitern und Handwagen abgestellt werden.

Die Fundamente der Wagenhalle mit einer Gesamtlänge von 116,4 m (inkl. Vorbauten) bestanden aus Beton. Die Umfassungswände waren mit Backsteinen hochgezogen und die Mittelpfeiler aus armiertem Beton erstellt. Fast alle Gleise verfügten über Putzgruben. Für das Hallendach wählte man eine Holzkonstruktion nach System Hetzer 1). Dabei waren die Hauptbinder («Träger») als Dreigelenkbogen 2) mit eisernen Zugbändern ausgebildet. Ihre markante parabolische Form ergab die in statischer Hinsicht die beste Lösung. Gelenke und Auflagerungen der Zugstangen waren aus Gusseisen hergestellt. Die Dachuntersicht war mit Holz verkleidet.

Skizze der Gleisanlagen nach dem Umbau von 1948.
© BVB (Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen)

Die Wagenhalle und insbesondere deren interessante Dachkonstruktion mit den sogenannten «Hetzer-Bindern» blieb bis heute unverändert und ist im Inventar der schützenswerten Bauten gelistet. Hingegen wurden die Gleisanlagen im Depothof 1931 und 1948 erweitert bzw. den neuen betrieblichen Anforderungen angepasst. 1950 wurde dem Depot auf dessen Nordostseite die zentrale Oberbauwerkstätte angegliedert. Die Verlängerung von Gleis 7 durch eines der beiden sonst ungenutzten und später zugemauerten Tore in der Depotrückwand zu einem Materialumschlagplatz an der Dreispitzbahn konnte nun zurückgebaut werden.

In den Sechzigerjahren bestanden Pläne, das Depot Dreispitz zur Gewinnung von 1’500 Metern zusätzlichen Abstellgleisen zu unterkellern. Zu diesem Zwecke erwarben die nunmehrigen Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) im Dezember 1969 von den Erben des Alt-Kreiskommandanten Albert Wellauer die Parzelle V/1477 (986 m2) mitsamt dem Einfamilienhaus Münchensteinerstras­se 91. Auf diesem Areal wäre die Einfahrtsrampe zu liegen gekommen! Schliesslich wurde das Depot Wiesenplatz verlängert und die aufwändige Unterkellerung des Depots Dreispitz somit hinfällig. Auf dem «Wellauer-Areal» entstanden im Verlaufe des Jahres 1970 200 Meter unüberdachte Abstellgleise. Die Villa wurde später saniert und für Büros verwendet. Im Frühjahr 2000 wurden die Weiche 7, welche die Abstellgleise mit dem Stammgleis M Parc–Münchensteinerstrasse verband, ausgebaut, die Fahrleitung entfernt und die Abstellanlage somit wieder stillgelegt.

Das Wellauer-Areal mit abgestellten Zügen der Linie 11 am 25. September 1988. Im Hintergrund ist die Villa des Namengebers Albert Wellauer erkennbar.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 7.595)

Das Depot Dreispitz beherbergte die Tramwagen der Linien 5/15/16/26 und 11, anfänglich auch einzelne Kurse der Linien 3, 4/5 und 18. Von 1978 bis zur Eröffnung des Depots Ruchfeld der Baselland Transport AG (BLT) waren auch 30 gelbe, für die Linie 11 benötigten BLT-Gelenkwagen untergebracht. Heute wird das Depot nur noch als Abstellhalle vorwiegend für historische Fahrzeuge verwendet. Am Rollmaterial des Linienbetriebs werden weder Unterhaltsarbeiten noch Reparaturen ausgeführt.

Seit langem gab es Bestrebungen, das Depot Dreispitz oder Teile davon als Trammuseum, gegebenenfalls mit erweitertem kulturellem Angebot, zu nutzen. 2019 konnte der Tramclub Basel (TCB) die BVB massgeblich bei der Gestaltung einer firmeneigenen Ausstellungsecke unterstützen – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem Trammuseum der Region Basel!


1) Gebogene, verleimte Brettschichtholzträger nach dem Patent von K. F. Otto Hetzer (1846–1911) aus Weimar
2) Tragwerk in der Baustatik, das aus zwei Teilträgern besteht, die im Scheitel miteinander gelenkig verbunden sind

Zuletzt aktualisiert am 26. April 2024 von Dominik Madörin