Der französische Briefkasten verrät es: Dieser Basler Strassenbahnwagen auf Sonderfahrt befindet sich nicht in der Schweiz! Der idyllische Bahnhof der ehemaligen Birsigthalbahn liegt in Leymen (Frankreich), wird in der Regel jedoch von den gelben Strassenbahnwagen der Linie 10 angefahren. Die Aufnahme entstand am 7. März 2009.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 5_36)

Im Dezember 2014 feierte man die Eröffnung der grenzüberschreitenden Strassenbahnlinie 8 von Basel (Kleinhüningen) in die deutsche Nachbarstadt Weil am Rhein. Die Bilanz nach den ersten Betriebsjahren fällt ausserordentlich positiv aus; sämtliche Erwartungen wurden übertroffen. Bis Ende 2015 nutzten rund 2,8 Millionen Fahrgäste die neue Verbindung. Die Linie profitiert dabei vor allem vom Einkaufstourismus, dies allerdings sehr zum Missfallen des einheimischen Gewerbes. Mit zehn Prozent ist der Anteil Berufspendler dagegen eher gering. Unabhängig davon denkt man in Weil bereits über eine Verlängerung der Strassenbahnlinie nach. Sie soll in einer ersten Phase durch die Hauptstrasse bis zum Läublinpark weitergeführt werden und könnte dereinst ihren Endpunkt beim Vitra Design-Museum haben. Die Finanzierung ist aber weder auf der schweizerischen noch auf der deutschen Seite gesichert und eine Realisierung der ersten Verlängerungsetappe somit kaum vor 2025 zu erwarten.

Schon 1900 nach Sankt Ludwig/Saint-Louis

Rund ein Jahr vor der Einstellung des Betriebs ins französische Saint-Louis posieren Wagenführer und Billeteur vor dem Ce 2/2 68.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen

Schon bald nach der Eröffnung der ersten Basler Tramlinie im Jahre 1895 bewarben sich jedes Stadtquartier und beinahe sämtliche Vororte um baldigen Anschluss ans Schienennetz, darunter auch die Gemeinde Sankt Ludwig im Elsass, seit dem Ende des Deutsch-Französischen Kriegs 1871 Teil des deutschen Kaiserreichs. Als 1899 die Erschliessung des Basler St. Johann-Quartiers durch die Tram anstand, ermächtigte der Regierungsrat die Verwaltung der Basler Strassenbahnen (B.St.B.), sich mit den elsässischen Behörden über die Verlängerung der neuen Strecke bis ins Dorfzentrum von Sankt Ludwig zu verständigen. Dank der zuvorkommenden Haltung der involvierten Amtsstellen war man sich bald einig. Der Gleisbau jenseits der Landesgrenze ging rasch vonstatten und der Betrieb konnte bereits am 20. Juli 1900 aufgenommen werden. Allerdings endete die Strecke lediglich 700 Meter hinter der Landesgrenze. Hier befand sich nicht nur die deutsche Zollstation, sondern kreuzte auch die strategisch wichtige Bahnlinie Sankt Ludwig–Hüningen–Weil am Rhein die Strasse. Die deutsche Bahnverwaltung hätte ein regelmässiges Befahren einer niveaugleichen Gleiskreuzung von Strassenbahnwagen nicht geduldet, so dass zunächst auf die Einfahrt ins Dorf verzichtet werden musste. Erst nach der Hochlegung der Bahnstrecke und der Errichtung einer Strassenunterführung anno 1911 konnten die Tramgleise um 1,1 Kilometer bis zur katholischen Kirche verlängert werden.

Anfänglich eingleisig in Strassenmitte angelegt, erfuhr die Strecke im Zuge der Verlängerung einen Ausbau auf Doppelspur. Lediglich ein kurzes Stück vor der Wendeschlaufe blieb eingleisig. Ergänzend anzumerken bleibt, dass im Zusammenhang mit dem Bau des ersten Basler Rheinhafens St. Johann bei Rheinkilometer 168.0 ein normalspuriges Anschlussgleis vom Bahnhof St. Johann an der Eisenbahnstrecke Basel – Mülhausen (Mulhouse) erstellt wurde, welches wenige Meter vor der Grenze die Strassenbahnstrecke niveaugleich kreuzte.

Die Strecke nach Saint-Louis war weitgehend zweigleisig ausgebaut, konnte jedoch erst nach der Höherlegung der Bahnstrecke St-Louis–Huningue ins Ortszentrum verlängert werden (Aufnahme von 1955).
© Alex Amstein (Sammlung Tramclub Basel)

Das Tram nach Hüningen/Huningue

Um 1960 entstand diese Aufnahme des Be 2/2 116 als Linie 25 auf der weitgehend eingleisigen Strecke nach Huningue/Hüningen.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen

Auch die einstige Festungsstadt Hüningen begehrte Anschluss ans Basler Strassenbahnnetz. Obwohl sich in der kleineren Nachbargemeinde von Sankt Ludwig um die Jahrhundertwende einige grössere Industriebetriebe ansiedelten, die regen Verkehr mit Basel generierten, der Ort ein beliebtes Ausflugsziel der Stadtbevölkerung war und Hüninger Bürger gerne allerlei Anlässe in Basel besuchten, liess das Tram etwas länger auf sich warten. Erst zu Beginn des Jahres 1909 lag der Beschluss des Basler Regierungsrats für den Bau der Strecke nach Hüningen vor. Da eine grenzüberschreitende Strassenbahnstrecke nun über die Zwischeninstanz des Reichsstatthalters in Strassburg die allerhöchste Genehmigung des deutschen Kaisers benötigte, erfuhr das Projekt auf deutscher Seite eine weitere Verzögerung und die Bauarbeiten konnten erst Ende September 1910 aufgenommen werden. Dafür beschleunigte eine Korrektur der Hüningerstrasse die Bauarbeiten auf der schweizerischen Seite. Hier kam – in Erwartung lediglich geringer Beanspruchung – andernorts ausgebautes Schienenmaterial zur Verwendung. Die feierliche Eröffnung fand am 16. Dezember 1910 statt.

Die Neubaustrecke zweigte beim Lysbüchel von der Linie nach Sankt Ludwig ab und war lediglich auf den ersten 600 Metern bis kurz hinter die Staatsgrenze doppelspurig angelegt. Im Bereich der Zollstation kreuzte sie das Anschlussgleis zum St. Johann-Hafen. Das Gleis folgte der Basler Straße bis zur Brücke über den Hüningen-Kanal, wo eine Ausweichstelle Kreuzungen ermöglichte. Vorbei am Abbatucci-Platz, dem quadratischen Mittelpunkt der ehemaligen, von Vauban erbauten Festung Hüningen, wurde der Bahnhof erreicht. Die Wendeschlaufe und ein Abstellgleis kamen in der davorliegenden Grünanlage zu liegen.

Während der Grenzbesetzung im Ersten Weltkrieg entstand diese Aufnahme – die Strassenbahnstrecke ist deutlich sichtbar blockiert!
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen

Nach Lörrach in Deutschland

Riehen – eine der beiden Landgemeinden im Norden des Halbkantons Basel-Stadt – erreichten die grünen Tramwagen der B.St.B. erstmals 1908. Der Eröffnungsfeier am 9. August wohnte auch der Bürgermeister von Lörrach bei. In seiner Ansprache begehrte er, «dass die Tramverbindung nicht in Riehen stehen bleibe, sondern in absehbarer Zeit nach Lörrach weitergeführt werde». Schon elf Jahre zuvor ersuchte nämlich die badische Landesregierung Basel um den Bau einer Strecke in die deutsche Nachbargemeinde. Einwände von verschiedenen Seiten zogen die Verhandlungen jedoch in die Länge. Die Grossherzoglich Badischen Staatseisenbahnen fürchteten sich etwa um die Wirtschaftlichkeit der zwischen Lörrach und Basel parallel führenden Wiesentalbahn. Basel erklärte eine Weiterführung der geplanten Strecke nach Riehen wegen der dafür nötigen Strassenverbreiterung als unrentabel. Schliesslich kam eine Einigung zu Stande, und die Badische Regierung gab einem eingereichten Konzessionsgesuch am 22. April 1907 statt.

Eng ging es zu in der Lörracher Turmstraße, hier mit dem Be 2/2 62 der Linie 6 Mitte der Sechzigerjahre.
© Sammlung Tramclub Basel

Schon im Folgemonat war in Lörrach die Trasse für die Strecke festgelegt und mit der Verbreiterung der Basler Straße begonnen worden. Wie in Sankt Ludwig erwies sich ein Bahnübergang als grosses Hindernis. Für die Strecke Stetten – Weil am Rhein («Gartenbahn»), ehemals Teil des südwestdeutschen strategischen Eisenbahnsystems, musste daher 1909 für 168000 Mark eine Brücke über die Basler Straße gebaut werden. Des Weiteren herrschte noch lange Zeit Uneinigkeit über den eigentlichen Endpunkt der Strecke. Im Gespräch waren Tumringen, Rümmingen oder gar eine Weiterführung ins Kandertal. Ebenso wurde über eine weitere Linie von Tumringen über Haagen und Hauingen nach Brombach sinniert, doch blieb es letztlich beim Lörracher Bahnhof als Endpunkt. Nach der Genehmigung der definitiven Pläne von der Regierung in Karlsruhe wurde für den Beginn der Gleisbauarbeiten der August 1914 vorgesehen.

Das Basler Parlament stimmte dem Bau des Teilstücks vom bisherigen Streckenende mitten in Riehen bis zur Landesgrenze am 25. Mai 1912 zu, so dass dieser 1,2 Kilometer lange Streckenteil am 1. Dezember 1914 dem Betrieb übergeben werden konnte. Auf der deutschen Seite führten der Ausbruch des Ersten Weltkriegs und die damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung durch die plötzliche Umstellung auf die Kriegswirtschaft dazu, dass die Bauarbeiten nur schleppend vorankamen und erst im Sommer 1919 abgeschlossen werden konnten. Die feierliche Eröffnung fiel schliesslich auf den 15. November 1919.

Die 2,4 Kilometer lange Strecke mit sechs Haltestellen war mehrheitlich doppelspurig angelegt. Im eng bebauten Zentrum Lörrachs liessen sich allerdings zwei kurze einspurige Abschnitte nicht vermeiden. Im Gegensatz zu den beiden Strecken im Elsass verzichtete man auf eine Wendeschlaufe am Endpunkt. Die Anbindung ans Restnetz im Bereich der Landesgrenze war nur provisorisch mit einem Gleis ausgeführt, was den Einsatz durchlaufender Kurse unmöglich machte. Bis 1926 dieser Missstand behoben wurde, hatten sich die Lörracher mit einem Pendelverkehr Grenze – Bahnhof zu begnügen. Interessanterweise benützten die Pendelkurse abwechslungsweise beide Geleise, fuhren also alternierend im Rechts- und Linksverkehr!

Am 22. Oktober 1966 entstand diese Aufnahme am Zollamt Lörrach-Stetten. Die Fahrgäste haben die Kontrollen offenbar hinter sich.
© Werner Liechti, CH-Rheinfelden (Sammlung Tramclub Basel)

Betriebsabwicklung

Sämtliche nicht auf schweizerischem Gebiet liegenden Strassenbahnstrecken wurden zwar von der Bauabteilung der B.St.B. erstellt, befanden sich aber im Eigentum der jeweiligen Gemeinden. Die B.St.B. pachteten sie zu einem marktüblichen Zins und besorgten den Betrieb. Sankt Ludwig und Hüningen erreichte man anfänglich bequem ohne Umzusteigen in durchfahrenden Kursen aus anderen Stadtteilen. Während das Gundeldingerquartier mit der Linie 5 direkt mit Sankt Ludwig verbunden war, liefen die Wagen der Linie 6 von Allschwil nach Hüningen durch. An der Grenze war ein kurzer Aufenthalt zur Zollkontrolle eingeplant und die Fahrgäste wurden auf mitgeführte Waren untersucht. Systematische Ausweiskontrollen waren aber unbekannt.

Halt, hier Grenze: Der Be 2/2 116 hat um 1960 die Zoll- und Grenzstation zwischen der Schweiz und Frankreich erreicht und muss noch die Abfertigung des vor ihm stehenden Pkw abwarten, dessen Fahrer unverkennbar herbeieilt.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen

Als Folge des Kriegs und entsprechend dem Versailler Friedensvertrag fiel das Elsass 1918 wieder an Frankreich – aus Sankt Ludwig wurde wieder Saint-Louis und aus Hüningen Huningue. Somit wechselten auch beide Tramlinien ihre Nationalität. Als eine der ersten Massnahmen wurden die auf Deutsch beschrifteten Haltestellentafeln durch solche mit der Aufschrift „Arrêt du Tramway“ ausgetauscht. 1923 wurde der durchgehende Verkehr wieder aufgenommen, bis am 1. September 1939 der deutsche Angriff auf Polen den Zweiten Weltkrieg auslöste – während den folgenden acht Jahren fuhr keine Basler Tram mehr ins Elsass.

Wer von Basel nach Lörrach wollte, musste an der Grenze umsteigen und den auf deutschem Gebiet bereitstehenden Anschlusskurs nehmen. Erst nach der Normalisierung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse und der Beseitigung baulicher Hindernisse konnte ab 1926 der durchgehende Betrieb eingeführt werden, was der Linie zu einer kurzen Blütezeit verhalf. Die Depression der Dreissigerjahre, das erstarkende NS-Regime sowie dessen verschärfte Grenzkontrollen und Devisenvorschriften ließen die Fahrgastzahlen aber bald wieder einbrechen. Von 1932 bis 1938 betrug der Fahrgastverlust satte 71%. Das Liniendefizit stieg dementsprechend an und zwang die B.St.B. zur Rückkehr zum Pendelbetrieb mit zwei Kursen. Erstmals in Basel wählten sie dabei den kostensparenden Einmannbetrieb. Ab dem 1. September 1939 kam der Betrieb in der südbadischen Nachbarschaft wie im Elsass ganz zum Erliegen.

Auf den Strecken ins Ausland verkehrten nach dem Zweiten Weltkrieg ausnahmslos alleinfahrende Motorwagen der Serien 22 bis 55 und 101 bis 136 (Bj. 1900 bis 1908).
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen

Nachkriegszeit

In Huningue erlitten die Bahnanlagen im Zweiten Weltkrieg schwere Schäden. Vor allem die Brücke über den Kanal war durch Bombenangriffe derart in Mitleidenschaft gezogen worden, dass eine Wiederinbetriebnahme der Tramlinie wegen hoher Reparaturkosten lange Zeit als nicht realisierbar galt. Erst 1947 waren die Anlagen auf eindringlichen Wunsch der Gemeinde soweit wieder hergestellt, dass der Betrieb wieder aufgenommen werden konnte. Das aufwändige Eröffnungsfest inszenierte man am französischen Nationalfeiertag, dem 14. Juli. Die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) – seit 1946 Nachfolgegesellschaft der B.St.B. – boten einen Pendelbetrieb zwischen Huningue Gare und Basel-Lysbüchel an. Bei einer Fahrzeit von 11 Minuten pro Weg und einem Halbstundentakt genügte ein einzelnes Fahrzeug, welches nachts in Huningue verblieb. Es bestand ein von den BVB unabhängiger Tarif in französischer Währung, das Personal war ebenfalls französisch, aber von den BVB angestellt und uniformiert. Zum Einsatz kamen ausschliesslich zweiachsige Motorwagen aus der Serie 101–136 mit Längssitzen. Diese durften die Grenze nur leer passieren – die Fahrgäste hatten die Tram zu verlassen und einige Meter zu Fuss zu gehen.

Auch die Gemeindebehörden von Saint-Louis begehrten bald nach der Befreiung des Elsasses die Wiederaufnahme des Trambetriebs. Sie liessen die nur wenig beschädigte Strecke im Juli 1945 unter Mitwirkung von zwanzig deutschen Kriegsgefangenen instand setzen. Den B.St.B. eilte es weniger, gehörten doch die Linien im Ausland zu den unrentabelsten im ganzen Netz. Sie wollten den Pachtvertrag daher auflösen und boten Saint-Louis an, die Gemeinde möge den Trambetrieb ab Grenze in eigener Regie übernehmen. Die französischen Behörden lehnten aufgrund der für sie unvorhersehbaren Risiken aber ab und richteten einen privaten Autobusverkehr ein. Nicht zuletzt dessen Erfolg, verbunden mit Erleichterungen beim Grenzverkehr liess die Strassenbahnverwaltung umdenken. Sie wollte den Trambetrieb mit Pendelwagen im 15-Minuten-Intervall nun doch wieder aufnehmen. In der Nachbargemeinde war man aber bereits weiter. Man erkannte die Vorteile eines eigenen Busbetriebs, bei welchem elsässisches Personal beschäftigt werden konnte, der Steuergelder ablieferte und der seine Betriebsstoffe bei einheimischen Händlern bezog. Hinzu kam die in den Nachkriegsjahren vielerorts diskutierte Frage, ob ein Strassenbahnbetrieb noch zeitgemäss sei. Lediglich die Beliebtheit des Trams in der Bevölkerung und die hohen Kosten, welche ein Entfernen von Gleisen und Fahrleitung ausgelöst
hätten, führten zur Wiederaufnahme des Trambetriebs. Allerdings erreichte Saint-Louis, dass der Pachtvertrag verschiedene Anpassungen erfuhr. Wie in Huningue wurde die Tarifgemeinschaft mit Basel aufgehoben und elsässisches Personal mit niedrigeren Löhnen angestellt. Ab 1. August 1947 liefen in Saint-Louis wieder grüne Basler Tramwagen, aus welchen auf Forderung der Behörden aber sämtliche Schilder mit deutschen Aufschriften zu entfernen waren.
Zwei eingesetzte Pendelwagen erlaubten tagsüber einen 7 1/2-Minuten-Betrieb, abends verkehrte die Tram viertelstündlich.

1957: Letztes Tram nach Saint-Louis

Abschied nehmen von der Straßenbahn nach St-Louis hieß es am 31. Dezember 1957. Die Aufnahme zeigt das letzte Tram sowie dessen Nachfolger, einen Diesel-Omnibus inmitten reichlich Publikum.
© Sammlung Tramclub Basel

Der Betrieb in Frankreich erlebte nach dem Zweiten Weltkrieg keine Blütezeit mehr, präsentierte aber dank der kostensparenden Betriebsweise mit Pendelwagen und elsässischem Personal immerhin ausgeglichene Rechnungsabschlüsse.

Gegen durchlaufende Wagen ins Elsass anstelle der Pendelkurse sprachen nicht nur die Grenzkontrollen, sondern auch die Unterschiede zwischen der immer stärker frequentierten Anschlusstrecke im Basler St. Johann-Quartier und der gleichmässig schwachen Auslastung der französischen Streckenteile. Lohnforderungen des Personals gaben schliesslich den Anlass, dass die BVB den Pachtvertrag mit Saint-Louis per Ende 1957 kündigten. Dies kam für den Trambetrieb dem Todesstoss gleich, nutzte doch die Gemeinde die Gelegenheit umgehend, um einen kommunalen Busbetrieb aufzubauen. Am 31. Dezember 1957 fuhr in Saint-Louis das letzte Tram.

1961: Abschied in Huningue

In Huningue gaben die abgewirtschafteten Anlagen Grund zur Sorge. Rückstellungen waren keine vorhanden und die kleine Gemeinde konnte die finanziellen Mittel für eine einfache Erneuerung der Gleis- und Fahrleitungsanlagen nicht aufbringen. Auch die BVB verloren zusehend das Interesse am wenig einträglichen Betrieb, so dass man im gegenseitigen Einvernehmen auf eine Verlängerung des auslaufenden Pachtvertrags verzichtete. Am 12. April 1961 übernahm der Autobus den Dienst zwischen Lysbüchel und Huningue. Selbstredend entfiel gleichzeitig die Schikane, an der Grenze aussteigen zu müssen…

1967: Nicht mehr nach Lörrach

Auch an der Strecke nach Lörrach hatte die Basler Strassenbahnverwaltung nach dem Krieg kaum noch Interesse. Die Lörracher Stadtverwaltung bewertete die schienengebundene  Verkehrsverbindung jedoch als unverzichtbar und beschritt daher einen anderen Weg. Von den BVB mietete man bis zu sechs Motorwagen für 30 Franken pro Tag und Wagen und führte den Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr sowie mit eigenem Personal. Auch der Unterhalt der Anlagen ging zu Lasten der Stadt Lörrach, ebenso die bezogenen elektrische Energie, welche von den BVB in Riehen penibel gemessen wurde. Unter diesen Voraussetzungen lief der Betrieb zwischen Grenze und Bahnhof am 1. Juni 1947 wieder an. Durchgehende Kurse kamen selbstredend nicht mehr in Frage, auch deshalb nicht, weil die BVB nach Riehen vierachsige Grossraumwagen einsetzte, welche – als Einrichtungsfahrzeuge ausgeführt – in Lörrach nicht hätten wenden können.

1978 fuhr schon seit rund zehn Jahren keine Strassenbahn mehr nach Lörrach – doch traute man sich nicht, die er kurz vor der Stilllegung neu verlegten Gleise zu entfernen.
© Sammlung Tramclub Basel

Obwohl von Individualverkehr und Bus je länger je mehr bedrängt, konnte sich die Tram in Lörrach noch zwanzig Jahre halten. Erste Stilllegungsüberlegungen kamen 1963 auf, als die deutsche Gesetzgebung den Einsatz von Fahrzeugen mit Holzaufbau nicht mehr zuliess. Um den drohenden Verlust der Konzession abzuwenden übertrug die Stadt Lörrach ab 1. Juli 1963 den technischen Betrieb der Strassenbahn an die BVB. Diese verpflichteten sich, für die Verkehrssicherheit des Betriebs und für den einwandfreien Zustand von Fahrzeugen und Anlagen nach den schweizerischen Bestimmungen zu sorgen. Darüberhinaus stellten sie einen technischen Betriebsleiter. Die kaufmännische Betriebsleitung blieb weiterhin in Lörrach. Das Ende des Betriebs kam dennoch schneller als erwartet. Im Rahmen eines Generalverkehrsplans liess Lörrach auch die Frage des Nahverkehrs untersuchen. Ein Gutachten empfahl die
Umstellung aus Autobusbetrieb, da ein Weiterbetrieb der Strassenbahnlinie einen Ausbau der Strecke und den Bau einer Wendeschlaufe erfordert hätte, ohne dass damit nennenswerte Verbesserungen hätten erzielt werden können. Der Lörracher Stadtrat beschloss somit die Betriebseinstellung des Trams per 31. August 1967.

Kurz danach begann der Abbau der Anlagen, doch an die erst kurz vor der Stilllegung mit neuen Schienen in einer Asphalt-Fahrbahn verlegten Abschnitte traute man sich nicht heran. Zu gross war Furcht vor einem Bürgerprotest wegen Steuergelder-Verschwendung. Zehn Jahre später waren diese 600 m Doppelspurgleis in der Basler Straße immer noch in einwandfreiem Zustand erhalten, stellten nun aber plötzlich eine grosse Verkehrsgefährdung dar und sollten entfernt werden, koste es, was es wolle. Dies gab den Anlass für ein Bürgerbegehren mit dem Ziel, die Wiedereinführung der Strassenbahn unter Verwendung der noch vorhandenen Gleisen zu prüfen und gleichzeitig af den Bau neuer Strassen zu verzichten. Obwohl das Begehren sachlich und  formaljuristisch sämtliche Anforderungen erfüllte, wurde die Durchführung einer Volksabstimmung über mehrere Instanzen hinweg verhindert. Die Lörracher Bevölkerung konnte sich somit nie zur Wiedereinführung der Strassenbahn an der Urne äussern. Dafür beglückte man sie mit einem fragwürdigen, autogerechten Umbau des Bahnhofplatzes.

Vielleicht wären DÜWAG-Gelenkmotorwagen nach Lörrach vorgestossen, wenn man 1979 die Lörracher Tram-Initiative seriös geprüft hätte (Fotomontage).
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen

Weitere Projekte

Schon bei der Eröffnung der Hüninger-Strecke strebte man eine Verlängerung dieser nach dem 1,9 Kilometer entfernten Neudorf an, doch konnte die Umsetzung des weit fortgeschrittenen Projekts bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs nicht in Angriff genommen werden und verschwand anschliessend
in der Schublade. Die Wagen dieser Linie hätte nicht nur Personen, sondern auch Gemüse in Güterwagen befördern sollen, welches Neudörfler Bäuerinnen auf dem Basler Markt absetzten wollten.

Mit Unterstützung verschiedener Kreise regte das rechtsrheinische Grenzach 1911 den Bau einer Strassenbahnlinie vom Wettsteinplatz in Basel an. Bis zum Kriegsausbruch konnte allerdings nicht abschliessend geklärt werden, wie die Bahnstrecke Basel – Schaffhausen – Konstanz (Hochrheinstrecke) beim Grenzacherhorn am besten hätte gekreuzt werden sollen. Zudem zeigte die Stadt Basel am Bau der Anschlussstrecke, die vom Wettsteinplatz bis zur Landesgrenze über weitgehend unbebautes Gebiet geführt hätte, wenig Interesse, so dass die Planungen nach Kriegsende nicht wiederaufgenommen
wurden.

Zur gleichen Zeit wie in Grenzach machte man sich auch in den elsässischen Gemeinden Hegenheim (Hégenheim) und Häsingen (Hésingue) sowie in Burgfelden (Bourgfelden) Gedanken für einen Anschluss ans Basler Strassenbahnnetz. Hegenheim und Häsingen wünschten von der entsprechend zu verlängernden Allschwiler-Linie bedient zu werden. Burgfelden sollte von der Linie 3 erschlossen werden. Der Kriegsausbruch schob beiden Projekten einen Riegel. Bourgfelden – seit 1953 Ortsteil von Saint-Louis – bekommt mit der Ende 2017 eröffneten Verlängerung der Linie 3 nun doch eine Strassenbahn, beinahe wie vor über einhundert Jahren angedacht! Die rund 2,7 Kilometer lange Neubaustrecke endet beim Bahnhof in Saint-Louis (Westseite). Es besteht die Option einer späteren Weiterführung zum EuroAirport Basel-Mulhouse-Freiburg (ca. zwei Kilometer).

Auf der gegenüberliegenden Seite des Bahnhofs Saint-Louis könnte dereinst die Strassenbahnlinie 11 enden. Würde diese – wie seit Jahren projektiert – über ihren heutigen Endpunkt bei der Saint-Louis Grenze hinausgezogen, käme dies praktisch einer Wiederherstellung der ursprünglichen, 1957 aufgehobenen Strecke nach Saint-Louis gleich. Die elsässische Gemeinde sprach sich jedoch wiederholt gegen dieses Projekt aus.

Sonderfall Birsigthalbahn

Bei Flüh überqueren die Landstrasse und die Strassenbahnlinie 10 die Landesgrenze.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 95_896)

Bereits vor der Eröffnung der Neubaustrecke von der Burgfelden Grenze nach Saint-Louis verfügte Basel gewissermassen über ein Dreiländertram, wenngleich bürokratische Hindernisse den freizügigen Einsatz von Strassenbahnwagen auf dem Gesamtnetz verhindern. Am 4. Oktober 1887 eröffnete die Birsigthalbahn AG (BTB) ihren ersten Abschnitt von Basel nach Therwil. Obwohl ebenfalls in Meterspur ausgeführt, verfügte die Kleinbahn über keine Verbindung zum Basler Strassenbahnnetz. Mit der 1910 fertiggestellten Erweiterung nach Rodersdorf erreichte die Bahn ihren Endausbau und eine Länge von 17 Kilometer. Sie führte dabei über Leimen im Elsass und somit knapp drei Kilometer über deutsches Territorium. 1984 erfolgte die Umstellung auf Strassenbahnbetrieb, womit die Basler Tram wieder einen Streckenabschnitt über ausländisches Territorium erhielt.

Die ehemalige Birsigthalbahn, eine Schmalspurbahnstrecke, die erst 1984 auf Straßenbahnbetrieb umgestellt wurde, am 20. August 2011: Zwischen dem schweizerischen Flüh und dem französischen Leymen ist eine Doppeltraktion aus Be 4/8 und Be 4/6 unterwegs.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 9_157)

Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift «Strassenbahn Magazin», Ausgabe 6/2016. Einzelne Passagen wurden aktualisiert.

Grenzquerende Strecken Strassenbahn

Strecke Eröffnung Stilllegung Betriebslänge
im Ausland
Landesgrenze–Sankt Ludwig Kirche 20.07.1900 (bis Bahnübergang)
01.05.1911 (Bahnübergang–Kirche)
31.12.1957 1’797 m
Landesgrenze–Leimen–Landesgrenze 01.05.1910 (Birsigthalbahn,
Umstellung auf Trambetrieb am 29.09.1984)
2’950 m
Landesgrenze–Hüningen Bahnhof 17.12.1910 12.04.1961 2’272 m
Landesgrenze–Lörrach Bahnhof 16.11.1919 31.08.1967 2’416 m
Landesgrenze–Weil am Rhein Bahnhof/Zentrum 14.12.2014 1’570 m
Landesgrenze–Gare de Saint-Louis 09.12.2017 2’700 m

Zuletzt aktualisiert am 5. Januar 2024 von Dominik Madörin