Die österreichischen C1’-Nassdampflokomotiven mit der Gattungsbezeichnung U bewährten sich gut und waren weit verbreitet. Im Juni 1971 macht sich die U 298.14 in Liestal für die Rückfahrt nach Waldenburg bereit.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 1204.8)

Im Jahr 1894 konnte die Murtalbahn eröffnet werden, welche von Unzmarkt im österreichischen Bundesland Steiermark über Murau und Tamsweg nach Mauterndorf im Bundesland Salzburg führte. Für den Betrieb der 76 Kilometer langen, mit einer Spurweite von 760 Millimetern (Bosnische Spurweite) ausgeführten Schmalspurbahn musste ein neuer Lokomotivtyp entwickelt werden. Bisher auf den Schmalspurstrecken der Donaumonarchie im Einsatz stehende Dampfrösser wären zu wenig leistungsfähig gewesen.

Die mit dem Betrieb der Murtalbahn betrauten k.k. österreichische Staatsbahnen beauftragten die Linzer Lokomotivfabrik Krauss & Comp. mit der Entwicklung und Lieferung von vier entsprechenden Fahrzeugen. Krauss schlug eine Zweizylinder-Nassdampfmaschine mit aussenliegender Heusinger-Steuerung und Flachschiebern vor, welche auf einem bewährten, bei der Steyrtalbahn im Einsatz stehenden Typ basierte.

Das Fahrwerk der Steyrtalbahn-Loks, eine Konstruktion mit drei gekuppelten Triebachsen und einer Nachlaufachse, die mechanisch mit der seitlich verschiebbaren dritten Triebachse gekuppelt war (sog. Krauss-Helmholtz-Gestell), wurde praktisch unverändert für die Murtalbahn-Loks übernommen. Kessel, Feuerbüchse und Wasserkästen wurden jedoch vergrössert ausgeführt, so dass in der Ebene eine respektable Anhängelast von 515 Tonnen befördert werden konnte.

Die Murtalbahn-Loks bekamen ab 1897 den Buchstaben U (für Unzmarkt, dem Ausgangspunkt der Murtalbahn) als Baureihenbezeichnung. Sie bewährten sich ausgesprochen gut und wurden in der Folge von nahezu allen Betreibern schmalspuriger Bahnstrecken der Donaumonarchie in grosser Stückzahl bestellt und von mehreren Lokomotivfabriken bis 1922 gebaut. Zwölf Lokomotiven, die nach dem Zweiten Weltkrieg zu den staatlichen Österreichischen Bundesbahnen kamen, wurden als Baureihe 298 geführt. Zahlreiche Exemplare blieben betriebsfähig oder als stationäre Denkmallok der Nachwelt erhalten.

Technische Daten:

Typenbezeichnung: U bzw. BR 298
Anzahl Lokomotiven: 1
Loknummer: 298.14
In Betrieb: 1970 bis 1980

Erbauer: Krauss & Comp.
Anschaffungskosten: k. A.
Länge über alles: 7’182 mm
Breite: k. A.
Höhe über alles: 3’549 mm
Gesamtradsatzabstand: 4’200 mm
Radsatzfolge: C1’
Dienstgewicht: 24’300 kg
Adhäsionsgewicht: 19’500 kg
Höchstgeschwindigkeit: 35 km/h

Anzahl Zylinder: 2
Zylinderdurchmesser: 290 mm
Kolbenhub: 400 mm
Rostfläche: 1,0 m2
Kesseldruck: 12 bar
Betriebsstoffvorräte: 3,2 m3 (Wasser) und 1,4 t (Kohle)
Leistung: 165 kW (indiziert)

Bremsen: Vakuumbremse, mechanische Handbremse

Bei der Waldenburgerbahn AG (WB) endete der Dampfbetrieb 1953. Im Hinblick auf ihr 90-Jahr-Jubiläum im Jahre 1970 prüfte die Baselbieter Bahngesellschaft den Einsatz eines Nostalgie-Dampfzugs auf ihrer Strecke von Liestal nach Waldenburg. Die Instandstellung einer der beiden eigenen noch erhaltenen Dampfloks Nr. 5 oder 6 musste aus Kostengründen vorerst verworfen werden. Mit Unterstützung der 1962 in Basel gegründeten EUROVAPOR liess sich jedoch eine andere Lösung realisieren: Der Verein, welcher sich die museale Erhaltung und den Weiterbetrieb von Dampflokomotiven und historischem Wagenmaterial zum Ziel gesetzt hatte, konnte von den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) die Tenderlok 298.14 und die drei Haubendach-Personenwa­gen Biho/s 3692, 3694 und 3724 erwerben und der WB weitervermitteln.

Die 298.14 wurde 1898 als kkStB U.14 von Krauss & Comp. für den Einsatz auf der Lokalbahn Röwersdorf–Hotzenplotz erbaut. Ab 1917 stand die Lok auf verschiedenen anderen Bahnen in Österreich und in der Tschechoslowakei (dort als ČSD U.14 bzw. U37.004) im Einsatz. Die Ausmusterung durch die ÖBB erfolgte per 5. Juni 1970. Anschliessend fand die Überführung in die Schweiz statt.

Ohne, dass grössere Anpassungen hätten vorgenommen werden müssen, verkehrte der Dampfzug am 1. November 1970 das erste Mal auf den Gleisen der WB. Auch in den folgenden Jahren kam der Zug regelmässig auf der WB zum Einsatz und entwickelte sich zu einer beliebten überregionalen Attraktion. Aufgrund der Vakuumbremse und des anderen Kupplungssystems (Bosnakupplung) konnten die Gastfahrzeuge aus der Donaumonarchie allerdings nicht zusammen mit anderen Fahrzeugen der WB eingesetzt werden. Auch wollten die österreichischen Fahrzeuge nie so richtig ins Waldenburgertal passen. Nach der Inbetriebnahme der originalen Waldenburgerbahn-Dampflok G 3/3 5 «Gedeon Thommen» im Juni 1980 wurde die 298.14 nicht mehr benötigt und abgestellt. 1984 konnte sie zusammen mit den Wagen an die Öchsle Schmalspurbahn GmbH vermittelt werden. Während die Haubendachwagen auf dem Öchsle sofort in Betrieb genommen wurden, blieb die 298er unangetastet und wurde 2001 an Privat veräussert. Teile der zwischenzeitlich zerlegten Lok sollen sich heute in AT-Bezau befinden.

Der nach dem Jubiläum regelmässig auf der WB verkehrende österreichische Dampfzug entwickelte sich zu einer beliebten überregionalen Attraktion. Im Herbst 1971 wird die Lok in Waldenburg für eine Fahrt nach Liestal vorbereitet.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 1204.2)

Fahrzeugporträt

298.14

→ ex ÖBB (298.14)

Übernahme: 1970
Ausmusterung: 1980

Verbleib: 1984 an Öchsle Schmalspurbahn GmbH, Ochsenhausen → 2001 an Privat

Zuletzt aktualisiert am 21. Dezember 2023 von Dominik Madörin