Wagen 737 im Zustand des Einsatzes bei der BVB.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 913_18)  

Im Rahmen einer anstehenden Busneubeschaffung (2014 sollten ein Grossteil der MAN NG 353/A23 751–788 ersetzt werden) testeten die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) vom 2. Mai bis am 8. Juli 2011 einen Hybridbus des Typs Mercedes-Benz O 530 G DH Citaro FL der EvoBus GmbH. Entgegen anderen Vorführ- oder Versuchsfahrzeugen der BVB wurde dieses Fahrzeug mit der Betriebsnummer 737 in den BVB-Fahrzeugbestand eingereiht.

Zwar waren Hybridbusse mittlerweile zur Serienreife für den täglichen Einsatz im öffentlichen Verkehr entwickelt worden. Insbesondere für Gelenkbusse lagen jedoch noch keine verlässlichen Daten aus Langzeitversuchen unter Praxisbedingungen vor. Diese Umstände waren für die BVB ausschlaggebend, zusammen mit weiteren sechs Transportunternehmungen aus der Schweiz 1) einen breit abgestützen Versuchbetrieb zu initiieren. Als Resultat einer umfangreichen Evaluationsphase ergaben sich zwei Anbieter. Einer davon war EvoBus, der den bekannten Linienbus Mercedes-Benz Citaro FL als Hybridfahrzeug anbot. Der erste Citaro mit diesel-elektrischem Hybridantrieb präsentierte EvoBus im Herbst 2007. Es handelte sich um einen technologisch besonders anspruchsvollen, seriellen Hybridantrieb, welcher auf Teilstrecken einen rein elektrischen Betrieb ermöglicht.

Beim seriellen Hybridantrieb arbeitet der Dieselmotor nicht ständig, sondern dient als Generatorantrieb zur bedarfsweisen Stromerzeugung. Es existiert deshalb – im Gegensatz zum parallelen Hybridantrieb – keine mechanische Verbindung zu den Antriebsachsen. Anstelle des üblicherweise im Gelenkbus verwendeten grossvolumigen Reihensechszylinders OM 457 hLA mit zwölf Litern Hubraum kam der kompakte OM 924 LA zum Einsatz. Er schöpfte aus 4,8 Litern Hubraum 160 kW (218 PS) Leistung. Das Motorgewicht reduzierte sich auf diesem Weg von etwa einer Tonne auf nur noch rund 450 kg. Da der Dieselmotor nicht als Antriebsaggregat eingesetzt wurde, musste er zum Beispiel keine Spitzenleistung abgeben und konnte deshalb wirtschaftlich und umweltfreundlich in einem optimalen Drehzahlfeld operieren. Die Nebenaggregate (Klimakompressor, Lenkhilfepumpe, Druckluftkompressor usw.) wurden nicht mehr durch den Verbrennungsmotor über Riemen oder Zahnräder angetrieben, sondern einzeln durch Elektromotoren. So konnten der Wirkungsgrad verbessert und die Aggregate weitgehend frei positioniert werden.

Vier elektrische Radnabenmotoren trieben die Mittel- und die Hinterachse an. Sie leisteten jeweils 60 kW Dauer- bzw. 80 kW Stundenleistung und waren ebenfalls flüssigkeitsgekühlt. Ein Hochvolt-Zwischenkreis mit 650 Volt stellte die Stromversorgung zwischen Generator, Speichersystem und den Radnabenmotoren sicher.

Heckansicht des Hybrid-Fahrzeuges: Auf dem Hinterwagen befindet sich die Kühlanlage für Dieselmotor, Speicher-System und Radnabenmotoren.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 913_28)

Den von der Dieselmotor-Generator-Gruppe erzeugten Strom speicherten wartungsfreie Lithium-Ionen-Batterien sowie Hochleistungs-Kondensatoren («Super-Caps» bzw. «Ultra-Caps»), die auf dem Dach des Vorderwagens montiert waren. Das flüssigkeitsgekühlte System hatte eine Kapazität von 26 kWh und wurde nicht nur durch den Dieselgenerator, sondern auch Kraftstoff sparend durch die beim Bremsen anfallende Energie gespeist (Rekuperationsbremse). Die dabei zurückgewonnene Energie wurde sowohl zur Versorgung des Fahrzeugs im Stand als auch zum Anfahren genutzt. Beim Heranfahren an die Haltestelle, im Stand und beim Beschleunigen aus der Haltestelle heraus konnte der Hybridbus somit rein elektrisch und damit praktisch emissionsfrei agieren.

Da Getriebe und Differenzial entfielen und keine starre Verbindung zwischen den einzelnen Antriebs-Aggregaten bestand, ergaben sich im Heck des Citaro G Hybrid andere Möglichkeiten zur Gestaltung des Fahrgastraums. Die Bauhöhe beim stehend eingebauten Motor fiel trotz der Turmbauweise so niedrig aus, dass die Verkleidung des Motors als Gepäckablage für Fahrgäste dienen konnte und rundum eine freie Sicht möglich war.

BVB-Testbetrieb

Bei den BVB war der Hybrid-Citaro vom 2. bis 31. Mai 2011 auf der Linie 36 und vom 1. Juni bis 7. Juli 2011 auf der Linie 34 im Einsatz. Ausserdem wurde er am 21. Mai 2011 am Tag der offenen Tür bei der Autobus AG, Liestal, sowie am 28. Mai 2011 an den Basler Umwelttagen auf dem Barfüsserplatz präsentiert.


1) BSU, Stadtbus Winterthur, tpg, tl, STI und PostAuto Schweiz

Technische Daten bei Inbetriebnahme:

Marke/Typ: Mercedes-Benz O 530 G DH Citaro FL
Anzahl Wagen: 1
Wagennummer: 737
Im Linienbetrieb: 2011

Chassis, Karosserie: EvoBus GmbH
Anschaffungskosten: – (Vorführwagen)
Länge über Stossbalken: 17’940 mm
Breite: 2’550 mm
Höhe über alles: 3’325 mm
Radstand vorne: 5’845 mm
Radstand hinten: 5’990 mm
Taragewicht: ca. 19’000 kg
Sitz-/Stehplätze: 37+1/94
Höchstgeschwindigkeit: k. A.

Verbrennungsmotor: MB OM 924 LA EURO 5 (Diesel, Turboaufladung, Ladeluftkühlung)
Anzahl Zylinder: 4
Hubraum: 4’800 ccm
Leistung: 218 PS bzw. 160 kW

Anzahl Fahrmotoren: 4
Hersteller/Typ: k. A.
Dauerleistung: 4 x 82 PS bzw. 4 x 60 kW

Bremsen: Zweikreis-Druckluftbremse, elektrodynamische Bremse, Haltestellenbremse, Federspeicher-Feststellbremse

Fahrzeugporträt

MB O 530 G DH Citaro FL Nr. 737

→ Vorführwagen

Kennzeichen: BS 59327

Inbetriebsetzung: 2011
Ausmusterung: 2011

Verbleib: zurück an Hersteller

Zuletzt aktualisiert am 10. September 2023 von Dominik Madörin