Farbbilder der Linie 9 gelten als absolute Rarität. Im Herbst 1959 macht sich der Be 4/4 435 in der Wendeschlaufe Riehen Grenze für die Fahrt nach Allschwil bereit.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 1.2125)

Eigentlich war die Linie 9 nie eine «richtige» Tramlinie mit eigener Stammstrecke. Sie war viel mehr eine meist nur sporadisch verkehrende Bedarfs- oder Ergänzungslinie, die anderen Linien verstärkte, und stand – ausser in den ersten Betriebsjahren – lange Zeit im Schatten ihrer grossen Schwester, der Linie 6.

Erstmals verkehrten Wagen mit der Liniennummer 9 anlässlich des Eidgenössischen Turnfestes, welches vom 5. bis 9. Juli 1912 auf der Schützenmatte stattfand. Der Linienweg führte vom Barfüsserplatz durch die Theaterstrasse, die Innere Margarethenstrasse und über den Birsigviadukt zum Schützenhaus, wobei die Strecke durch die Innere Margarethenstrasse quasi erst in letzter Sekunde fertiggestellt werden konnte. Die Kollaudation derselben fand am 2. Juli 1912 statt! Zum Wenden und Aufstellen der Tramzüge während der Dauer des Turnfestes verlegte die Bauabteilung der Basler Strassenbahnen (B.St.B.) im Spalenring zwischen Bundesstrasse und Weiherweg sowie im Weiherweg selbst (bis auf Höhe Rudolfstrasse) provisorische Gleise.

Ab 17. Juli 1912 wurde die Linie 9 als Einsatzlinie vom Lysbüchel (Hüningerstrasse) via Barfüsserplatz–Heuwaage–Innere Margarethenstrasse zum Brausebad betrieben. Ungefähre Betriebszeiten an Werktagen: 06:00 bis 08:30 Uhr, 11:00 bis 14:30 Uhr und 17:00 bis 20:30 Uhr. An Sonntagen verkehrte die Linie zwischen 11:45 und 15:30 Uhr sowie zwischen 18:30 und 23:30 Uhr. Vom 1. Mai 1913 an fuhren die Wagen bei unveränderten Betriebszeiten ab Brausebad weiter bis zur Missionsstrasse (Burgfelderplatz). Auch diese Linienführung sollte nur so lange Bestand haben, bis Linie 2 über die Strassburgerallee (Kannenfeldplatz) hinaus zum Lybüchel verlängert worden war. Im Winterfahrplan 1913/14 tauchten Wagen mit dem Kopfschild «9» dafür als Einsatzkurse in Riehen auf und entlasteten so die Linie 7.

Motorwagen aus der Serie 101–136 um 1925 in der Rue du Général Abbatucci. Während recht langer Zeit waren Wagen mit der Liniennummer 9 in der elsässischen Nachbargemeinde von Basel anzutreffen.
© Ansichtskarte Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen

Eine 1914 erfolgte Änderung der Führung der Linie 6 führte zur Wiederauferstehung des 9ers. Ab 1. Dezember 1914 führte die Linie vom Morgartenplatz (Morgartenring) via Heuwaage–Barfüsserplatz zur Landesgrenze St. Ludwig (St. Louis Grenze). Vom 1. April 1916 an wurde beim Lysbüchel nicht mehr in Richtung St. Ludwig abgebogen, sondern geradeaus ins elsässische Huningue gefahren. Diese Linienführung sollte grundsätzlich bis 1932 Bestand haben, allerdings zwischen 1918 und 1923 nicht mit durchlaufenden Kursen, sondern mit Pendelwagen Landesgrenze–Huningue. Der ab 1. Juni 1923 gültige Fahrplan sah an Werktagen während den Stosszeiten zwischen ca. 05:45 und 08:30 Uhr 11:15 und 14:45 Uhr sowie 17:45 und 20:00 Uhr wieder einen durchgehenden Betrieb vor. In den übrigen Zeiten sowie an Sonntagen wurde die Linie nach wie vor an der Grenze gebrochen.

Linienführung

05.07.1912 bis 09.07.1912: Barfüsserplatz–Heuwaage–Festplatz Schützenmatte

17.07.1912 bis 30.04.1913: Lysbüchel (Hüningerstrasse)–Barfüsserplatz–Heuwaage–Innere Margarethenstrasse–Brausebad

01.05.1913 bis 26.07.1913: Lysbüchel (Hüningerstrasse)–Barfüsserplatz–Heuwaage–Innere Margarethenstrasse–Brausebad–Missionsstrasse (Burgfelderplatz)

14.09.1913 bis 09.11.1913: Riehen Kirche (Riehen Dorf)–Wettsteinplatz–Handelsbank (Bankverein)

01.05.1914 bis 30.11.1914: Riehen–Wettsteinplatz–Bahnhof SBB–Morgartenplatz (Morgartenring)

01.12.1914 bis 07.06.1915: Landesgrenze St. Ludwig (St. Louis Grenze)–Barfüsserplatz–Heuwaage–Morgartenplatz (Morgartenring)

21.06.1915 bis 31.03.1916: Landesgrenze St. Ludwig (St. Louis Grenze)–Barfüsserplatz–Heuwaage–Morgartenplatz (Morgartenring)

01.04.1916 bis 21.05.1932: Huningue–Barfüsserplatz–Heuwaage–Morgartenplatz (Morgartenring) 1)

22.05.1932 bis 01.09.1939: [Wiesenplatz–Johanniterbrücke–] Barfüsserplatz–Heuwaage–Morgartenring–Allschwil

02.09.1939 bis 03.12.1939: Barfüsserplatz–Heuwaage–Morgartenring–Allschwil

04.12.1939 bis 06.05.1945: {Eglisee–} Barfüsserplatz–Heuwaage–Morgartenring–Allschwil

07.05.1945 bis 27.11.1960: Riehen Grenze→Eglisee→Barfüsserplatz→Heuwaage→Morgartenring→
Allschwil→Morgartenring→Heuwaage→Barfüsserplatz→Eglisee

09.09.2017 bis 30.09.2017: Eglisee–Schifflände


1) Grösstenteils mit Umsteigen an der Landesgrenze (Pendelwagen)

1932 übernahm der 9er den Abschnitt Morgartenring–Allschwil von der Linie 6. Die lange Durchmesserlinie 6 konnte auf diese Weise verkürzt und entlastet werden, was der Fahrplanstabilität zugute kam. Gefahren wurde von Allschwil zum Wiesenplatz in einem 12-Minuten-Grundtakt. Ab 20:00 Uhr sowie an Sonntagen (morgens und abends) wendeten die von Allschwil her kommenden Wagen allerdings bereits auf dem Barfüsserplatz. Der Einsatz von Zusatzkursen zwischen Morgartenring und Allschwil tagsüber an Werktagen sowie an Sonntagen von ca. 11:00 bis 20:00 Uhr ergab auf diesem Abschnitt einen attraktiven 6-Minuten-Betrieb.

Be 4/4 4?? mit B4 14??
1959 überquert ein Zug der Linie 9 die Mittlere Brücke mit Ziel Allschwil. Bereits ein Jahr später verschwand die Linienbezeichnung 9.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. -)

Mit dem sogenannten Zweiten Kriegsfahrplan vom 4. Dezember 1939 verknüpften die B.St.B. die Linien 6 und 9 betrieblich miteinander. Auf den verkehrsschwächeren Abschnitten Morgartenring–Allschwil und Eglisee–Riehen Kirche ergab sich so ein 12-Minuten-Grundintervall, während sich die Wagen zwischen Morgartenring und Eglisee alle sechs Minuten folgten. An Werktagen verkehrte zwischen 08:23 und 11:49 Uhr sowie zwischen 14:13 und 17:37 Uhr die Linie 16 anstelle der Linie 9 vom Barfüsserplatz zum Eglisee.

Mit dem ab 7. Mai 1945 gültigen Friedensfahrplan änderte sich am Linienkonzept 6/9 wenig. Die Linie 9 war für die Bedienung des Abschnitts Morgartenring–Allschwil zuständig und verdichtete den Takt der Linie 6 zwischen Morgartenring und Eglisee auf 6 Minuten. Allschwil wurde in den werktäglichen Spitzen zwischen 07:20 und 07:55 Uhr, 11:55 und 12:30 Uhr sowie 13:20 und 14:00 Uhr alle sechs Minuten erreicht. Kurse der Kombilinie 6/9, die nach Allschwil fuhren bzw. solche, die in Gegenrichtung nicht bis nach Riehen verkehrten, zeigten das Kopfschild «9». Die übrigen schilderten die Nummer 6.

1960 erlaubte besseres Rollmaterial, die ganze Strecke zwischen Allschwil und Riehen trotz zunehmenden Fahrgastfrequenzen wieder durch eine Linie, dem 6er, zu bedienen. Dies besiegelte gleichzeitig das Schicksal der Liniennummer 9, welche fortan knapp sechzig Jahre lang in der Versenkung verschwand. Erst 2017 tauchte der 9er in Basels Strassen wieder auf: Vom 9. bis 30. September 2017 betrieben die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) aufgrund von Bauarbeiten im Steinenberg wieder eine Linie 9. Sie verkehrte zwischen Eglisee und Schifflände.

Be 4/4 495 mit B 1488 und Be 4/4 501
Beinahe an derselben Stelle wie im Bild links befindet sich dieser Tramzug der 2017 vorübergehend wieder eingeführten Linie 9.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 10_899)

Fahrzeugeinsatzbeispiel

Sonntag, 24.04.1955
(Linie 6/9, Mustermesse)
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425 + 1407
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432 + 1408
436 + 1402
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441 + 1412
449 + 1410
451 + 1413
452 + 1403

Zuletzt aktualisiert am 7. Januar 2024 von Dominik Madörin