Die Waldenburgerbahn, wie man sie kannte und wie sie nie mehr sein wird: BDe 4/4 13 mit Bt 113 und Bt 120 am 30. September 2020 bei der Kirche St. Peter zwischen Niederdorf und Oberdorf.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 1212_114)

Als Postkutschen und Fuhrwerke noch die einzigen Beförderungsmittel für Personen und Güter waren, bewegte sich der Verkehr aus der Region Basel ins Mittelland fast ausschliesslich durch das Waldenburgertal und über den Oberen Hauenstein. Die Reisenden sowie ihre Zug- und Lastentiere wollten verpflegt und untergebracht werden, was der Bevölkerung neben dem bescheidenen Ertrag aus der Landwirtschaft zusätzliche Verdienstmöglichkeiten bot.

Am 1. Mai 1858 konnte die Schweizerische Centralbahn (SCB) den 2’495 m langen Hauenstein-Scheiteltunnel einweihen und somit den durchgehenden Betrieb auf der Bahnstrecke von Basel über Liestal und Läufelfingen nach Olten aufnehmen. Schlagartig verlagerten sich die Verkehrsströme auf die wesentlich schnellere und bequemere Eisenbahn, was ebenso rasch zu Verarmung und Vereinsamung der Bevölkerung im nicht-industrialisierten Tal der Vorderen Frenke führte. Wenigstens gelang es, die SCB für den Bau oder mindestens die Subventionierung einer Bahnstrecke von Liestal nach Waldenburg zu verpflichten, dies im Zusammenhang mit einem Konzessionsgesuch für die Strecke von Augst nach Muttenz als Fortsetzung der geplanten Bözbergstrecke der Nordostbahn (NOB). Ein Dokument von damals beschreibt ein Pferdebahnprojekt, ausgehend vom Altmarkt bei Liestal (seinerzeit Alten Markt). Realisiert wurde vorerst aber weder die Bözbergstrecke noch die Pferdebahn nach Waldenburg.

Um der drohenden Abwanderung entgegenzuwirken, versuchte die Gemeinde Waldenburg mit Hilfe staatlicher Mittel eine Uhrenfabrik anzusiedeln. Der gewünschte Erfolg blieb allerdings aus. Erst die Übernahme der Fabrik durch den späteren Land- und Nationalrat Gedeon Thommen verhalf dem Industriezweig zu einer ersten Blüte. Während Jahren setzte sich der vermögende Thommen auch dafür ein, dass das Waldenburgertal einen Anschluss an die Bahnlinie Basel–Olten erhielt, und gründete zusammen mit dem Arzt Dr. Martin Bider aus Langenbruck sowie weiteren interessierten Personen ein entsprechendes Initiativkomitee.

Die Baukosten für eine Normalspurbahn von Liestal nach Waldenburg wurden auf knapp 700’000 Franken veranschlagt. Obwohl die Finanzierung nicht gesichert war, bewarb sich ein Komitee um Thommen und Bider um eine Konzession, welche der Baselbieter Landrat am 19. April 1870 einer noch zu bildenden Aktiengesellschaft zusicherte. Verschiedene Umstände wie etwa das gescheiterte Projekt einer normalspurigen Wasserfallenbahn Liestal–Reigoldswil–Balsthal, vereitelten einen Baubeginn vorerst.

Vor allem Bider glaubte an die technische und die finanzielle Machbarkeit und hielt am Projekt unbeirrt fest. Beim bekannten Bahningenieur Niklaus Riggenbach sowie SCB-Oberingenieur Franz Carl Moritz Buri gab er eine Studie in Auftrag, welche für die rund 13,51 km lange Bahn sowie einen bescheidenen Rollmaterialbestand Aufwände von 377’000 Franken vorsah. Die Kosten konnten nur deshalb so niedrig angesetzt werden, da der Kanton Basel-Landschaft konzessionsweise jenen Teil der Staatsstrasse abtrat, der über die gesetzliche Breite von 18 Fuss (5,40 m) hinausging. Dabei ging man davon aus, dass der Strassenverkehr nach Inbetriebnahme der Bahn rasch abnehmen würde; die gewaltige Entwicklung in die gegenteilige Richtung konnte damals niemand vorausahnen. Jedenfalls liessen sich für das Bahntrasse so sechs bis höchstens acht Fuss entsprechend 1,80 bis 2,40 m des Strassenkörpers nutzen. Zudem konnte die SCB im Rahmen der Konzession dazu verpflichtet werden, das rechte, zwischen dem oberen Teil des Bahnhofs Liestal und Altmarkt (heute Gräubern) liegende und noch bis 1895 im Rechtsbetrieb genutzte Streckengleis für das Befahren mit Zügen in und aus Richtung Waldenburg vergütungsfrei zur Verfügung zu stellen. Dies erlaubte, auf eine kostspielige Erweiterung des Burg-Einschnitts und die Errichtung einer eigenen Brücke über die Frenke zu verzichten.

G 3/3 4II mit Z0 54, K0 204 sowie zwei Vierachsern um 1950 in Waldenburg. Das Stationsgebäude und der angebaute Güterschuppen brannten am 5. Juni 1991 aus und wurden durch einen Neubau ersetzt.
© Peter Willen, CH-Bern

Die Gründung der Bahngesellschaft erlebte Bider nicht mehr. Er verstarb rund eineinhalb Jahre vor der konstituierenden Generalversammlung der Waldenburgerbahn AG (WB) am 25. November 1879. Kurze Zeit später lag der Bahnverwaltung mit Direktionspräsident Gedeon Thommen an der Spitze eine Offerte der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik AG, Winterthur (SLM) vor, welche den Bau der Strecke von Liestal nach Waldenburg für einen Betrag von 350’000 Franken anbot. Daran leistete die SCB einen A-fonds-perdu-Beitrag in Höhe von 100’000 Franken. Das Restkapital liess sich mit gezeichneten Aktien von Privaten und Gemeinden des Einzugsgebiets – der Kanton beteiligte sich nicht an der Finanzierung – aufbringen, was die Annahme der Offerte aus Winterthur erlaubte. Die Fertigstellung der Bahn wurde auf den 1. Juli 1880 festgelegt.

Die Nutzung des schmalen Randstreifens des Strassenkörpers sowie die begrenzten finanziellen Mittel schlossen eine Normalspurbahn von Anfang an aus. Zu jener Zeit gab es in der Schweiz aber erst wenige Schmalspurbahnen. Nur die Schienen der 1873–74 eröffneten Strecke von Lausanne nach Echallens, der Rigi–Scheidegg-Bahn (1874–75) sowie der 1875 erstellten Verbindung von St. Gallen Winkeln über Herisau nach Urnäsch lagen nicht im Regelspurabstand von 1’435 mm, sondern in einer Distanz von genau einem Meter zueinander. Insbesondere im Vergleich mit dem Ausland konnte die Meterspur aber noch keineswegs als Norm für Schmalspurbahnen angesehen werden, so dass die von Riggenbach und Buri für die Waldenburgerbahn vorgeschlagene und bis zu diesem Zeitpunkt nur bei nichtöffentlichen Eisenbahnen wie Bau- und Feldbahnen angewendete Spurweite von zweieinhalb Fuss (750 mm, nicht zu verwechseln mit der etwa zur gleichen Zeit in der Donaumonarchie erstmals angewendeten bosnischen Spurweite von 30 Zoll entsprechend 760 bis 762 mm) nicht aussergewöhnlich war. Auch der Einfluss der SLM dürfte bei der Wahl der Spurweite nicht unbedeutend gewesen sein, konnte sie doch seit ihrer Gründung 1871 weit mehr Dampflokomotiven für 750 mm ausliefern, als für andere Spurweiten unterhalb der Normalspur. Überdies betrachteten die Winterthurer Lokomotivbauer die Waldenburgerbahn als Referenzobjekt für den Einstieg ins Schweizer Nebenbahngeschäft, zu welchem sie durch eine langanhaltende Rezession und dem Ausbleiben von Aufträgen für Vollbahnlokomotiven gezwungen waren. Für die Waldenburgerbahn entscheidend war jedoch, dass sich die leichten Schienenprofile des 750-mm-Gleises auf dem gemeinsam mit der SCB genutzten Streckenabschnitt ohne weiteres auf die bestehenden Schwellen zwischen den Normalspurschienen nageln liessen. Für die Meterspur wäre ein Dreischienengleis erforderlich gewesen.

Bau

Detaillierte Projektpläne lagen schon lange vor der der Gründung der Bahngesellschaft vor. Die Bauarbeiten konnten Mitte März 1880 unterhalb der Station Lampenberg aufgenommen werden. Bald zeichnete sich ab, dass der Eröffnungstermin am 1. Juli 1880 nicht eingehalten werden kann. Zwar konnte das Gleis über weite Strecken vergleichsweise einfach auf der Strasse verlegt werden. Dafür häuften sich die Schwierigkeiten bei verschiedenen Engstellen in den Ortsdurchfahrten und dort, wo das Gleis nahe an die Vordere Frenke zu liegen kam. Überdies liess die Qualität der ausgeführten Arbeiten zu wünschen übrig. Erforderliche Nachbesserungen verzögerten den Baufortschritt zusätzlich. Einzig das Rollmaterial traf zum vereinbarten Zeitpunkt in Liestal ein und musste dort monatelang ohne schützendes Dach im Freien abgestellt werden.

In der zweiten Augusthälfte 1880 verkehrte erstmals ein Schotterzug Liestal–Hölstein; am 3. September 1880 wurde Waldenburg erreicht. Die ersten Fahrten auf dem 750-mm-Gleis verliefen keineswegs ohne Zwischenfälle. Am 21. August 1880 entgleiste ein «Bauwagen» (vermutlich mit provisorischen Sitzbänken versehen), mit welchem sich der Verwaltungsrat der WB nach Hölstein bringen lassen wollte. Auch die am 12. September 1880 mit «gefüllten Personenwagen» unternommenen Probefahrten waren mit Entgleisungen verbunden, was eine Verschiebung der auf Mitte September 1880 festgelegten Betriebseröffnung unumgänglich machte. Untersuchungen ergaben schliesslich, dass nicht nur der stellenweise fehlerhaft ausgeführte Oberbau für die Entgleisungen verantwortlich war, sondern dass auch das Rollmaterial Mängel aufwies und im Bereich der Federung verbessert werden musste. Hohn und Spott von Kritikern und Presse blieben nicht aus, verstummten aber schlagartig nach den Gratisfahrten Ende Oktober 1880. Diese verliefen ohne Zwischenfälle und mussten des grossen Publikumandrangs wegen gar vorzeitig abgebrochen werden. Der Aufnahme des regelmässigen Personenverkehrs am 1. November 1880 stand nun nichts mehr im Wege! Ausstehende Fertigstellungsarbeiten in Liestal liessen den Gütertransport erst ab dem 17. Januar 1881 zu.

Kreuzung zweier Züge in Bad Bubendorf, wo sich das Tal der Hinteren Frenke (Reigoldswilertal) mit dem Tal der Vorderen Frenke (Waldenburgertal) vereinigt.
© G. Schelling

Anlagen

Ansicht Bahnhof Liestal um 1930: Im Vordergrund die beiden Gleise der SBB. Hinter dem WB-Zug mit G 3/3 4, 5 oder 6 ist die Remise erkennbar.
© Sammlung Hartmann

Der Bahnhof der SCB in Liestal (330 m ü. M.) war für das beträchtliche Verkehrsaufkommen von Anfang an zu knapp dimensioniert und kaum ausbaufähig. Die Anlagen – eingeklemmt zwischen Stadtrand im Norden und dem Schützengartenhügel als letzter Ausläufer der Sichtern im Süden – hatten nun noch zusätzlich die Züge der Waldenburgerbahn aufzunehmen. Diese hatte sich im Wesentlichen mit einem Gleis am Hangfuss zu begnügen. Einige kurze Rangiergleise, eine zweiständige Remise sowie eine Verladerampe kamen in einer Kurve zum Sichternweg zu liegen. Der Warenumlad auf die SCB fand in deren Güteranlage nördlich der Stammgleise statt. Dorthin gelangten die Schmalspurwagen über Drehscheiben und die SCB-Gleise rechtwinklig kreuzende Schienen.

Bei der Ausfahrt aus Liestal unmittelbar nach dem Niveauübergang Oristalstrasse schwenkte das Gleis der WB in das Normalspurgleis der SCB ein. Hierfür war eine sogenannte Übergangsweiche mit zwei Zungen eingebaut. Klappscheiben-Signale regelten den Zugverkehr beider Bahngesellschaften. Ein Schutzstumpen verhinderte, dass allfällig entlaufende Wagen der WB unbeabsichtigt in den Bereich des Normalspurgleises gelangen konnten. Nach knapp eineinhalb Kilometern und der Überquerung der Frenke auf der SCB-Brücke mündete das WB-Gleis beim Altmarkt wieder aus dem Normalspurgleis aus. Ein dort stationierter Wärter regelte den Zugverkehr beider Bahngesellschaften und bediente Weichen und Signale.

Beim Altmarkt bog die Strecke vom Ergolztal in das noch weite Waldenburgertal ein. Von hier an lagen die Eichenschwellen und die leichten Schienen mit einem Metergewicht von lediglich 15 kg auf der Landstrasse, und zwar bis Hölstein auf der westlichen Strassenseite. Nach der Überquerung der Vorderen Frenke auf einer Eisenbrücke wechselte das Gleis auf die östliche Strassenseite, bevor es mitten in Oberdorf auf die westliche Seite zurückschwenkte. Unterhalb des Landjägerpostens in Waldenburg (518 m ü. M.) endete die Strecke in einem kleinen Bahnhof. Die maximale Steigung betrug 30 ‰, der minimale Kurvenradius lag bei 60 m. Haltestellen befanden sich beim Altmarkt, bei Bad Bubendorf, bei der Abzweigung der Strasse nach Lampenberg sowie in Hölstein, Niederdorf und Oberdorf. Die wenigen Hochbauten der WB – ein Empfangsgebäude mit Güterschuppen sowie eine Lokomotiv- und Wagenremise – befanden sich in Waldenburg. Dort lag auch das betriebliche Zentrum der Bahn, obwohl die Verkehrsströme klar auf Liestal ausgerichtet waren.

Die bis im Frühjahr 2021 existierenden Bahnanlagen hatten kaum etwas Gemeinsames mit den ursprünglichen aus dem Eröffnungsjahr 1880. Immer wieder musste die Gleislage den Ausbauten, Korrektionen und Begradigungen der Hauptstrasse zum Oberen Hauenstein angepasst werden, wodurch sich letztlich die Gesamtstreckenlänge um fast einen halben Kilometer auf 13,07 km verkürzte, aber auch eine konsequente Trennung von Schiene und Strasse erreicht wurde. Die erste wesentliche Änderung erfolgte aber auf Initiative der WB selbst und fiel ins Jahr 1913. Da die Stationsgleise in Waldenburg dem zunehmenden Verkehr nicht mehr genügten, wurde die Strecke zwischen dem südlichen Dorfausgang von Oberdorf und Waldenburg von der Hauptstrasse weg auf ein eigenes Trasse hinter dem Friedhof umgelegt. Dadurch liessen sich die Stationshorizontale in Waldenburg deutlich verlängern und die Gleisanlagen ausbauen. Allerdings musste beim neuen Abschnitt eine grössere Neigung von stellenweise 38 ‰ in Kauf genommen werden.

Einziges bekanntes Bild, welches das Vierschienengleis zwischen Liestal und Altmarkt zeigt. Aufnahme vom 28. Februar 1923.
© WB (Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen)

Der Mischbetrieb mit der SCB bzw. ab 1902 mit den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) auf dem Abschnitt Liestal–Altmarkt verlief erstaunlich reibungslos und unfallfrei. Dennoch war absehbar, dass diese Betriebsform wegen der immer grösseren Zugdichte auf Dauer keinen Bestand haben konnte. Spätestens mit der für 1924 geplanten Aufnahme des elektrischen Betriebs auf der Strecke Basel–Olten musste die Waldenburgerbahn ihr eigenes Trasse erhalten. Da die Verhältnisse keine andere Streckenführung zuliessen, kam als einzige Lösung die aufwändige Erweiterung des Burg-Einschnitts in Frage. Die Frenkenbrücke aus dem Jahre 1854 – genaugenommen handelte es sich um zwei parallel liegende, dreifeldrige Gitterträgerbrücken mit obenliegenden Fahrbahnen – war den immer schwerer konstruierten Normalspur-Lokomotiven nicht mehr gewachsen. Die SBB sahen daher einen Neubau als Bogenbrücke in Beton vor. Für die Bedürfnisse der Waldenburgerbahn genügte die alte Stahlbrücke aber weiterhin. So wurde einzig die nördliche Brückenhälfte abgebrochen, die südlichen Überbauten hingegen in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni 1922 auf neue Widerlager und Pfeiler verschoben. Bei der Erweiterung des Burg-Einschnitts blieben Pfeiler und Pfeilerfundament der Überführung Seltisbergerstrasse aus Kostengründen unangetastet, wodurch in diesem Bereich die alte Stützmauer am Böschungsfuss nicht abgetragen werden konnte und das neue Trasse der WB bis zu fünf Meter über jenem der SBB zu liegen kam. Am 28. Februar 1923 verkehrten die Züge der WB das letzte Mal zwischen den Schienen ihrer grossen Schwester. 2004 hatte auch die Gitterträgerbrücke endgültig ausgedient. Ersetzt durch eine neue Betonbrücke wurde der dreiteilige Überbau ein weiteres Mal Richtung Süden verschoben, wo er – auf unpassendem Unterbau liegend – als Denkmal erhalten blieb.

1935 begannen die Ausbauarbeiten im Bahnhof Liestal mit ersten Erdbewegungen für eine neue Strassenunterführung. Der Schützengartenhügel wurde abgetragen, um Raum für grosszügigere Anlagen der Waldenburgerbahn, ein drittes Normalspurgleis und einen Mittelperron zu schaffen. Die Ausbauten fanden 1949 mit der Einweihung des neuen Aufnahmegebäudes ihren Abschluss.

Der zunehmende Verkehr verlangte rasch nach Kreuzungsmöglichkeiten. Solche entstanden beim Altmarkt, in Bad Bubendorf, Lampenberg, Hölstein, Niederdorf sowie Oberdorf. Die meisten davon wurden anfänglich lediglich als Stumpengleise ausgeführt und erst später zu vollwertigen Kreuzungsstationen ausgebaut. In jüngerer Zeit kamen nördlich von Niederdorf die Station Hirschlang und nördlich von Oberdorf «Winkelweg» hinzu. Mit der Station Hirschlang liess sich das für ausserordentliche Kreuzungen benutzte, die Strasse querende Stumpengleis im Zentrum Niederdorfs aufheben.

Wendepunkt Elektrifizierung

Die Verkehrszahlen der WB zeigten regelmässig ein erfreuliches Bild und untermauerten die Notwendigkeit der Bahn. Schon im ersten ganzen Betriebsjahr (1881) wurden 73’704 Fahrgäste sowie 2’632 t Güter- und Gepäcksendungen befördert. 1900 waren es bereits 123’907 Personen und 10’863 t Sendungen, 1920 176’936 Personen bzw. 8’798 t. Entsprechend ausgeglichen präsentierte sich jeweils Ende Jahr die finanzielle Lage. Lediglich 1920 und 1921 mussten Verluste in Kauf genommen werden, dies wohl als Spätfolge des Ersten Weltkriegs. Ungeachtet dessen gelang es der Bahnverwaltung über Jahre, Anschaffungen aus selber erwirtschafteten Mitteln zu finanzieren. Grosse Projekte wie die Streckenverlegung Liestal–Altmarkt sowie die Beschaffung von neuem Rollmaterial anno 1937 wurden über Aktienkapitalerhöhungen finanziert.

Feier der Aufnahme des elektrischen Betriebs am 25. Oktober 1953: Neuer CFe 4/4 neben festlich geschmückter G 4/5 7.
© T. Strübin

Die einseitige Abhängigkeit von der Kohle, die unablässig steigenden Preise dieses importierten Energieträgers und der gegenüber der zunehmenden Konkurrenz auf der Strasse schwerfällige Bahnbetrieb mit zweimännig zu besetzenden Dampflokomotiven veranlassten die Verantwortlichen, sich wiederholt intensiv mit der Frage der richtigen Traktionsart auseinanderzusetzen. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg lagen Projekte vor, welche die Elektrifizierung der Strecke vorsahen. Der Stand der technischen Entwicklung liess es seinerzeit allerdings noch nicht zu, Motoren zu bauen, die innerhalb der Drehgestelle für 750-mm-Spurweite hätten untergebracht werden können. Mit Kriegsausbruch verschwanden die Pläne wieder in der Schublade. Weitere Anläufe wurden Ende der Zwanzigerjahre unternommen. An der Generalversammlung 1931 unterbreitete der Verwaltungsrat den Aktionären einen neuen Vorschlag für die Einführung des elektrischen Betriebs. Nach längerer Diskussion stimmten die Aktionäre dem Antrag zu und ermächtigten den Verwaltungsrat für Verhandlungen mit den kantonalen und eidgenössischen Behörden über die Finanzierung. Die Angelegenheit kam aber nicht mit dem gewünschten Elan voran. Zwar beantragte die basellandschaftliche Regierung dem Landrat 1934 die Traktionsumstellung, doch bildete sich Opposition gegen die Vorlage. Einige Gegner verlangten die Prüfung einer Umstellung auf ein schienenloses Verkehrsmittel, andere sprachen sich für die Beibehaltung des Dampfbetriebs aus. Schliesslich zog die Regierung die Vorlage zurück und gab eine neue Expertise in Auftrag. Diese riet von grossen staatlichen Investitionen in ein öffentliches Verkehrsmittel ab und empfahl der Bahnverwaltung den Kauf einer weiteren Dampflok und einigen Personenwagen.

Während des Zweiten Weltkriegs konnte die Bahn ihre Leistungsfähigkeit eindrücklich unter Beweis stellen, nachdem sich Ende der Dreissigerjahre der private Motorfahrzeugverkehr zunehmend negativ bemerkbar gemacht hatte. 1943 wurden erstmals über 400’000 Fahrgäste befördert. 1944 konnte infolge von Truppenverlegungen an den Rhein eine weitere Zunahme um 100’000 Personen (!) verzeichnet werden. In ähnlichem Masse nahm auch der Güterverkehr wieder zu, nämlich von durchschnittlich 5’000 t in den Vorkriegsjahren auf knapp 9’000 t im Jahre 1945. Diese Zahlen beeindrucken umso mehr, da infolge rationierter Kohlemengen nur mit reduziertem Fahrplan gefahren und lediglich eine Maschine angeheizt werden konnte. Gleichzeitig offenbarten sich die Grenzen des Dampfbetriebs und dessen fehlende Zukunftsfähigkeit überdeutlich.

Noch vor Kriegsende griff die Bahnverwaltung die Frage der Elektrifizierung erneut auf und unterbreitete dem seinerzeitigen Eidgenössischen Amt für Verkehr (EAV) sowie der Regierung folgende Vorschläge zur Stellungnahme:

  • Elektrifizierung unter Beibehaltung der 750-mm-Spurweite
  • Elektrifizierung mit Umbau auf Meterspur
  • Elektrifizierung mit vollständig neuem Trasse für Meterspur

Das EAV prüfte zusätzlich eine Umstellung auf Busbetrieb, sprach sich schliesslich aber für die Elektrifizierung unter Beibehaltung der Spurweite aus. Die Bundesbeamten vertraten die Ansicht, dass der Nutzen einer Umspurung in keinem Verhältnis zum Aufwand stünde, und die Industrie mittlerweile in der Lage sei, Fahrzeuge für 750-mm-Spurweite zu bauen, welche meterspurigen Wagen ebenbürtig seien. Der Verwaltungsrat der WB nahm diesen Bericht mit Freude zur Kenntnis und beschloss am 10. April 1947 einstimmig die Elektrifizierung. Weitaus schwerer tat sich die basellandschaftliche Regierung. Zur Entscheidungsfindung verlangte sie ein umfassendes kommerzielles und technisches Gutachten. Mit dessen Anfertigung beauftragte die Waldenburgerbahn die soeben reorganisierten und aus den Basler Strassenbahnen hervorgegangenen Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) unter Direktor Dr. Otto Miescher. Die BVB, denen 1948 zudem die Verwaltung der WB übertragen wurde, gingen akribisch ans Werk und präsentierten ihre Expertise am 1. Juni 1949. Untersucht wurden neben der Elektrifizierung eine Beibehaltung des Dampfbetriebs, Dieseltraktion sowie die Umstellung auf Auto- oder Trolleybusbetrieb. In den Schlussfolgerungen schwang aufgrund stark gewichteter volkswirtschaftlicher Überlegungen der Autobusbetrieb obenaus, wogegen Dampfbetrieb, Dieseltraktion, Umspurungsvarianten und Trolleybusbetrieb infolge grosser Betriebs- und Anlagekosten sowie Zweifeln an der Zweckmässigkeit nicht zur Umsetzung empfohlen werden konnten. Dessen ungeachtet hielt der Verwaltungsrat der WB an seinem Entschluss vom 10. April 1947 fest und beantragte beim EAV Unterstützungsbeiträge aus der Privatbahnhilfe. Auch sämtliche Talgemeinden sowie die Abonnenten sprachen sich für den Bahnbetrieb und dessen Elektrifizierung aus, was die Baselbieter Regierung aber keineswegs zur Eile trieb. Erst im Oktober 1950 beantragte sie dem Landrat einen Subventionsbeitrag an die Elektrifikationskosten in Höhe von 633’000 Franken, worauf die BVB den Vertrag von 1948 kündigten und die Verwaltung der WB auf den 31. Dezember 1950 wieder abgaben. Umgehend auf den Plan gerufene Verbände und Interessengruppen forderten mit Vehemenz und Unterstützung der Presse die Einrichtung eines Autobusbetriebs. Der Ausgang der heftig geführten Abstimmungsdebatte im Landrat drohte zum Nachteil der Waldenburgerbahn auszufallen. Entsprechend gross war die Erleichterung, als das Parlament den Subventionsbeitrag am 28. Juni 1951 mit qualifiziertem Mehr durchwinkte.

Moderner Bahnbetrieb

Nach Jahren der Ungewissheit stand die Waldenburgerbahn nun vor einer sicheren Zukunft. Mit dem blossen Aufstellen von Masten und dem Aufhängen des Fahrdrahts war es aber nicht getan, denn unter dem stetigen Gedanken an eine Traktionsumstellung waren nötige Investitionen seit Jahren unterblieben. Infolgedessen präsentierten sich die Anlagen in schlechtem Zustand. Grösserer Achsdruck und höhere Geschwindigkeiten der modernen Triebwagen verlangten ebenfalls nach einer Sanierung des Oberbaus über weite Teile der Strecke. In Waldenburg war die baufällige Lokremise von 1880 dringend durch eine moderne Depotwerkstätte zu ersetzen. Auf der Rollmaterialseite schlugen neben der Anschaffung von drei Trieb- und zwei Personenwagen vor allem die Umstellung von Vakuum- auf Druckluftbremse und die Einführung der halbautomatischen +GF+-Tramkupplung mit entsprechenden Umbauten der Anhängewagen zu Buche. Hinzu kamen Gleichrichterstationen, Reservematerial usw., so dass sich die Gesamtkosten der Traktionsumstellung auf etwas über drei Millionen Franken beliefen. Am 26. Oktober 1953 konnte der elektrische Betrieb mit 1’500 V Gleichstrom in vollem Umfang aufgenommen werden. Die als Reserve vorgehaltenen Dampflokomotiven mussten nie mehr angeheizt werden.

Die folgenden Jahre gehörten zu den erfolgreichsten in der Geschichte der Bahn. Personenfrequenzen und Gütertonnagen nahmen stetig zu, und die Betriebsrechnungen wiesen seit längerer Zeit wieder Ertragsüberschüsse statt Fehlbeträge aus. Dazu trugen die gegenüber dem Dampfbetrieb drastisch reduzierten Traktionskosten massgeblich bei. Auf Drängen des Nordwestschweizerischen Milchverbands mussten die einen grossen Teil des Gütervolumens ausmachenden Milchtransporte 1962 auf die Strasse verlegt werden, wofür die WB einen eigenen Lastwagen anschaffte. 1984 wanderte auch der übrige Güterverkehr auf die Strasse ab, dies im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Stückgutkonzepts «Cargo Domizil». 1994 verabschiedete sich die WB ganz aus dem Güterverkehrsgeschäft. Bei den Fahrgastzahlen liess sich 1970 mit 846’675 beförderten Personen ein Rekord verzeichnen, bevor durch Verlagerung des Verkehrs auf die Strasse Einbrüche hinzunehmen waren. Erst 1982 stellte sich wieder ein Aufwärtstrend ein. Der im selben Jahr eingeführte schweizweite Taktfahrplan stellte die WB vor zusätzliche Herausforderungen. Es galt, den Fahrplan auf die Züge der SBB abzustimmen. Die zuverlässige Gewährleistung der Anschlüsse in Liestal bedingte eine Verkürzung der Fahrzeit von knapp 30 auf 23 Minuten. Sowohl Rollmaterial als auch Anlagen waren aber bereits an ihrer obersten Leistungsgrenze angelangt und grösstenteils veraltet. Für die Bewältigung der neuen Aufgaben war daher ein Sanierungs- und Investitionsprogramm mit einem Volumen von 26,7 Mio. Franken einzuleiten. Dieses umfasste neben der Beschaffung von vier neuen Pendelzügen BDe 4/4 + Bt die Erweiterung der Depotanlagen in Waldenburg, die Erneuerung der Bahnstromversorgung sowie den punktuellen Ausbau der Gleisanlagen. Die entsprechenden Kreditanträge bei Bund und Kanton gaben zu keinen grossen Diskussionen Anlass.

Freudentag für die WB: Ende Februar 1986 bringt die Ae 4/7 den BDe 4/4 12 und den Bt 112 von Pratteln nach Liestal.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. –)

Teil des Investitionsprogramms war auch die längst fällige und aufgrund grösserer Zugdichte sowie höheren Geschwindigkeiten unumgänglich gewordene Einführung von Streckenblock und Zugsicherung. Als eine der letzten Bahnen in der Schweiz verfügte die WB noch nicht über derartige Einrichtungen. Dieses Sicherheitsdefizit machte sich am 24. August 1988 dramatisch bemerkbar, als um 12:26 Uhr rund 200 m von der Kreuzungsstation Altmarkt entfernt zwei Züge frontal zusammenstiessen. Zwei Menschen kamen an diesem bis heute schwärzesten Tag in der Geschichte der Bahn im Waldenburgertal ums Leben, und an den beiden neuen Pendelzügen entstand erheblicher Sachschaden. Der längere Ausfall der beiden Kompositionen zwang die WB zur Einführung eines Interim-Fahrplans und dem vermehrtem Einsatz der alten BDe 4/4 1 bis 3. Die Installation des Streckenblocks war bereits vor dem Unfall in Auftrag gegeben worden. Im Sommer 1989 konnte die Anlage mitsamt punktueller Zugbeeinflussung ZST-90 provisorisch in Betrieb genommen und 1990 fertiggestellt werden.

Besseres Angebot, kürzere Fahrzeiten und modernes Rollmaterial bescherten der Waldenburgerbahn regelmässig weitere Fahrgastzunahmen. 1986 wurde erstmals die Millionenmarke erreicht; 2018 benutzten 1,8 Mio. Personen die Züge der WB. Mit einer Nachbeschaffung von Trieb- und Steuerwagen liess sich das Fahrgastvolumen bewältigen und das alte Rollmaterial vollständig aus dem Betrieb zurückziehen. 1992 war mit dem Verkehren des letzten Bahnpostwagens der Wandel von der vielseitigen Nebenbahn zur modernen, doch eher langweiligen Pendlerbahn endgültig vollzogen.

Rollmaterial

Bei der Betriebsaufnahme 1880 standen zwei zweiachsige Dampflokomotiven des Typs G2 der SLM (ab 1902 als G 2/2 bezeichnet) zur Verfügung. Hinzu kamen vier Personenwagen, ein Post-/Gepäck­wagen, zwei gedeckte sowie sechs offene Güterwagen von der Schweizerischen Industrie-Gesellschaft in Neuhausen (SIG). 1892 wurde die automatische Vakuumbremse System Hardy eingeführt.

Die beiden schon vor der Betriebsaufnahme für Bauzüge verwendeten G2 erhielten zusätzlich zu den Betriebsnummern 1 und 2 die Namen «Dr. Bider» und «Rehhag» (Gebiet östlich Waldenburgs). Es handelte sich um die kleinsten bei einer öffentlichen Bahn in der Schweiz verwendeten Maschinen. Sie wogen mit Vorräten keine zehn Tonnen, verfügten über ein Brownsches Doppelhebeltriebwerk und brachten nur eine geringe Leistung von 50 PS hervor. Entsprechend rasch an der Leistungsgrenze angelangt, vermochten sie die Erwartungen nicht zu erfüllen, so dass die Bahnverwaltung bereits 1881 beschloss, eine weitere, stärkere Lokomotive anzuschaffen. Die Wahl fiel auf einen 120 PS leistenden Dreikuppler von der Locomotivfabrik Krauss & Comp. in München. Die G3 (später G 3/3) mit der Betriebsnummer 3 erhielt zu Ehren des 1879 verstorbenen Alt-Bundesrats Jakob Dubs – ein grosser Förderer von Schmalspur- und Regionalbahnen in der Schweiz – dessen Namen. Der Kastenrahmen und das vollverschalte Triebwerk wiesen auf die Abstammung von einer sogenannten «Strassenbahnlokomotive» hin, einer Krauss’schen Spezialität im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Die «Dubs» bewährte sich recht gut und konnte 30 t schwere Züge bergwärts führen. Ihr wurde lediglich ein hoher Kohleverbrauch attestiert. 1903 erfolgte in den Werkstätten der SLM eine tiefgreifende Modernisierung der Maschine, welche noch bis 1940 in Dienst blieb.

G 4/5 7, eine «umgekehrte» Consolidation und einzige Lok dieses Typs in der Schweiz, in Niederdorf. Auf dem Stumpengleis auf der anderen Strassenseite wartet der Kreuzungszug.
© Peter Willen, CH-Bern

1887 lieferte die SLM eine weitere Lok an die WB. Der Dreikuppler erhielt die Betriebsnummer 4I («Waldenburg») und war als einzige WB-Lokomotive mit auffallend schräg stehenden Zylindern sowie Aussenrahmen ausgeführt. Die G 3/3 4 entwickelte sich zum eigentlichen Sorgenkind und wurde nach lediglich 22 Betriebsjahren ausgemustert und abgebrochen. 1902, 1910 und 1912 stiessen drei weitere Lokomotiven aus Winterthur zur WB. Es handelte sich um weitgehend baugleiche Dreikuppler mit den Betriebsnummern 5 («G. Thommen»), 4II («Langenbruck»; Ersatz für die G 3/3 4I) und 6 («Waldenburg»). Die Innenrahmenmaschinen entwickelten eine Leistung von 170 bis 180 PS und verfügten über eine Steuerung nach Walschaerts. Die gefälligen, ausgesprochen wohlproportionierten Nassdampflokomotiven bildeten bis zur Traktionsumstellung das Rückgrat des Betriebs und teilten die anfallenden Aufgaben mehr oder weniger unter sich auf. Daran änderte auch das Erscheinen der G 4/5 7 im Jahre 1938 als Reaktion auf den negativen Elektrifikationsentscheid nichts, war die Lok 7 doch von einer ganz anderen Leistungsklasse und Bauart. Um den saisonbedingten Stossverkehr besser bewältigen zu können, war die Waldenburgerbahn nämlich zur Vierkupplerlokomotive übergegangen. Die enge Spur und der auf sieben Tonnen beschränkte Achsdruck liessen den Konstrukteuren keine grossen Freiheiten. Dennoch gelang der SLM der Bau einer Lokomotive, deren Leistung jene der alten Dreikuppler um das Zweieinhalbfache übertraf. Die Lok mit hinten angeordneter Bisselachse war die einzige Heissdampflok der WB und wies weitere Besonderheiten wie etwa eine elektrische Beleuchtung oder einen Rauchverbrenner zur Vermeidung der Emissionen bei Ortsdurchfahrten auf. Sie liess sich allerdings kaum wirtschaftlich betreiben und setzte mit über 30 t Dienstgewicht den schwachen Gleisen arg zu. Bei der Abstellung 1953 wies sie eine Laufleistung von lediglich 277’938 Kilometern auf. Während die G 3/3 6 1953 ausrangiert und seit 1959 im Verkehrshaus der Schweiz zu besichtigen ist, wurde die G 3/3 «G. Thommen» 1961 im Bahnhof Liestal als Denkmal aufgestellt. Die G 3/3 4II und die G 4/5 7 wurden 1954 bzw. 1960 schweren Herzens verschrottet.

Auf die Elektrifikation hin beschaffte die WB drei in leichter Stahlbauweise konstruierte Triebwagen CFe 4/4 (später BDe 4/4) mit den Betriebsnummern 1 bis 3. Die von Schindler Waggon AG, Pratteln (SWP) und Brown, Boveri & Cie. (BBC) hergestellten Fahrzeuge wurden mit Aussenrahmen-Drehgestellen mit je zwei Tatzlager-Fahrmotoren à 92 kW bzw. 125 PS Stundenleistung (total 500 PS bzw. 368 kW) und – als Novum bei 1500 V Fahrleitungsspannung – mit Direktkontrollern ausgestattet. Der Fahrgastraum gliederte sich in je ein Raucher- und Nichtraucherabteil dritter Klasse (die zweite Klasse war bereits mit Beginn des Winterfahrplans 1948/49 aufgehoben worden). Zudem war ein kleiner Gepäckraum vorhanden. Um bei einer Kastenbreite von lediglich 2,20 m die Platzverhältnisse in den Führerständen zu verbessern, waren die Stirnwandtüren leicht aussermittig eingelassen. Eine Totmanneinrichtung und automatische Türen erlaubten die Einführung des rationellen Einmannbetriebs. Die saubere elektrische Traktion erlaubte die Abkehr vom wenig heiklen Dunkelgrün der Personenwagen zu einer gefälligen rot-crèmen Farbgebung.

Typisches Gesicht der ausgehenden Vierzigerjahre: BDe 4/4 der Serie 1 bis 3 im Frühjahr 1983 beim Manöver in Bad Bubendorf.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen

Für die Einführung eines Taktfahrplans mit 30-Minuten-Intervallen waren eine Erhöhung der Fahrgeschwindigkeiten von bisher maximal 55 km/h bei den BDe 4/4 1 bis 3 auf 75 km/h erforderlich. Zudem mussten die Betriebsabläufe durch Einführung von Pendelzügen massiv vereinfacht werden. Die WB gab deshalb vier Pendelzüge BDe 4/4 + Bt in Auftrag, welche 1985–86 zur Auslieferung kamen (BDe 4/4 11 bis 14 und Bt 111 bis 114). Die Lieferung des wagenbaulichen Teils übernahm SWP. Die Wagenkästen waren eine Weiterentwicklung des wenige Jahre zuvor nach Neuenburg und zur Forchbahn gelieferten Rollmaterials. Die aus Neuhausen zugelieferten Drehgestelle beruhten auf der Konstruktion für Neuenburg, waren jedoch mit Klotzbremsen versehen. Die beiden dauernd in Serie geschalteten BBC-Halbspannungsmotoren brachten eine beachtliche Stundenleistung von je 223 kW (303 PS), in der Summe also 446 kW (606 PS). Nicht ganz zeitgemäss war die Hüpfersteuerung mit Anfahr- und Bremswiderständen. Um die Kompatibilität mit dem bestehenden Rollmaterial zu gewährleisten, verfügten die Fahrzeuge über eine konventionelle Druckluftbremsanlage mit Führerbrems- und Wagensteuerventilen. Im Rahmen einer Anschlussbestellung folgten 1992–93 drei Trieb- und sechs Steuerwagen in einigen Punkten verbesserter Ausführung (BDe 4/4 15 bis 17 und Bt 115 bis 120). Auf die BDe 4/4 1 bis 3 und die alten Personenwagen mit offenen Plattformen konnte nun verzichtet werden. Sie fanden wie so manches Fahrzeug der WB den Weg zur Mariazellerbahn in Österreich. Mangels Einsatzmöglichkeiten erfolgte schliesslich der Abbruch der Triebwagen, deren museale Erhaltung nie ernsthaft in Betracht gezogen worden war.

Die ersten Personenwagen der WB verfügten über Längssitze. Die Zweiachser stammten durchwegs aus den Hallen der SIG und waren sowohl als Drittklass- wie auch als kombinierte Zwei-/Drittklasswagen vorhanden. Von 1891 an beschaffte die WB nur noch vierachsige Drehgestellwagen mit Quersitzen, und zwar zunächst vier BC4 von der Maschinenbau-Gesellschaft Basel (MGB) bzw. von der SIG. 1915 lieferte die Schweizerische Wagonsfabrik Schlieren A.G. (SWS) mit den C4 41 und 42 einen neuen Fahrzeugtyp, welchen die WB bis 1953 um zwei Abteile verlängert nachbeschaffte. Bei starkem Verkehr griff man lange Zeit auf offene Güterwagen für den Personentransport zurück.

Post- und Gepäckwagen waren insgesamt fünf vorhanden, davon der 1959 mit Teilen aus dem BC4 12 entstandene Vierachser FZ4 70 sowie der moderne, im Eigentum der PTT stehende Z4i 69 mit Baujahr 1948. Für den vergleichsweise umfangreichen Güterverkehr standen zahlreiche offene und gedeckte Güterwagen zur Verfügung.

Übernahme durch die Baselland Transport AG

Die Regierung des Kantons Basel-Landschaft beabsichtigte schon seit den frühen Siebzigerjahren, sämtliche privaten und halbstaatlichen Transportunternehmen im Kanton in einer neuen Gesellschaft zusammenzuführen. Angestrebtes Ziel war die Verschmelzung aller Bahn- und Busbetriebe einschliesslich deren Nebenbetriebe, jedoch ohne BVB, dafür unter teilweisem oder gar vollständigem Einbezug der Regiebetriebe der PTT und der Postautohalterbetriebe, dies mit dem Ziel, Tarife und Transportleistungen zu vereinheitlichen und zu systematisieren sowie betriebswirtschaftlich zu optimieren. In einem zweiten Schritt war beabsichtigt, alle am öffentlichen Verkehr der Grossregion Basel beteiligten Gesellschaften in einem Verkehrsverbund zusammenzufassen.

Zunächst waren die vier Basler Vorortsbahnen Birsigthalbahn AG (BTB), Birseckbahn AG (BEB), Trambahngesellschaft Basel–Aesch AG (TBA) und Basellandschaftliche Überlandbahn AG (BUeB) zu vereinigen, was 1974 mit der Gründung der Baselland Transport AG (BLT) mit Sitz in Oberwil vollzogen werden konnte. In der nächsten, bereits konkret geplanten Phase sollte die Autobus AG, Liestal (AAGL), integriert werden. Dazu kam es allerdings nicht mehr. Aufgrund des zu erwartenden politischen Widerstands wurde auch die Integration der Waldenburgerbahn fallengelassen, und die privaten Autobusbetriebe im oberen Baselbiet konnten ihre Selbstständigkeit noch lange Zeit wahren.

Im Zusammenhang mit der anstehenden Erneuerung der gesamten Infrastruktur und des Rollmaterials der WB sowie zwecks vordergründiger Erhöhung von Effektivität und Wirtschaftlichkeit drängte der Kanton vor wenigen Jahren erneut zur Integration der WB in die BLT. Obwohl die WB-Einzelaktionäre nicht von einem Tauschangebot mit BLT-Aktien profitieren konnten und sich mit einer bescheidenen Abfindung zufriedengeben mussten, stimmten sie an der 135. Generalversammlung vom 7. Juni 2016 dem Fusionsvertrag zu. An jenem denkwürdigen Dienstag endete die Geschichte der Waldenburgerbahn AG, nicht jedoch des Bahnbetriebs: Zukunftsgerichtet kündete die BLT umgehend den Betrieb mit führerlosen Zügen an…

Nostalgie-Dampfbetrieb

1968 endete der Dampfbetrieb bei den SBB, und in den umliegenden Ländern war die Ablösung der Dampfloks durch modernere Traktionsmittel in vollem Gange. Die dadurch entfesselte Nostalgiewelle schwappte auch ins Waldenburgertal. Im Hinblick auf das 90jährige Jubiläum prüfte die WB – eben noch froh, von der Kohle weggekommen zu sein – die Instandstellung einer der beiden noch erhaltenen Dampfloks Nr. 5 oder 6, musste diese Idee aus Kostengründen aber rasch verwerfen. Auf der Suche nach einer anderen Lokomotive wurde man mit Unterstützung des noch jungen Vereins EUROVAPOR in Österreich fündig: Am 18. Juni 1970 trafen in Liestal die C1-Tenderlok 298.14 und die drei Haubendach-Personenwa­gen Biho/s 3692; 3694 und 3724 von der Mariazellerbahn ein. Rechtzeitig auf die Jubiläumsfeierlichkeiten am 1. November 1970 konnte die Komposition in Betrieb genommen werden.

Am 24. September 1971 dampft der «Hotzenplotz» genannte Dampfzug aus Österreich durch Oberdorf.
© Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen

Der regelmässig verkehrende Dampfzug entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einer beliebten Attraktion, doch die österreichischen Fahrzeuge wollten nie so recht ins Tal passen. Der Wunsch nach einer Reaktivierung der originalen G 3/3 5 «G. Thommen» wuchs von Jahr zu Jahr, bis die Lok am 30. Juni 1975 schliesslich vom Liestaler Denkmalsockel geholt und nach Waldenburg geschleppt wurde. Eine Gruppe von Eisenbahnfreunden unter der Leitung von Ingenieur Markus Rickenbacher begann unmittelbar mit der Revision, liess den Kessel in der Werkstätte Knittelfeld der Österreichischen Bundesbahnen aufarbeiten und baute die Lok von Vakuum- auf Druckluftbremse um. Nach fünf Jahren war es geschafft: Zum einhundertsten Jubiläum der Waldenburgerbahn im Juni 1980 dampfte die G 3/3 5 wieder mit frischem Elan durch die schöne Tallandschaft, und das österreichische Rollmaterial konnte an Museumsbahnen weitervermittelt werden.

Jährlich bis zu 10’000 Personen beförderte Personen, bundesrätlicher Besuch, Hochzeitspaare auf der ersten gemeinsamen Fahrt und von weit hergereiste, an der kleinen WB interessierte Besuchergruppen erfreuten die Bahnverwaltung lange Zeit. Allerdings sank mit jedem Wechsel in der Direktion die Akzeptanz des ehrenamtlich durchgeführten und die Betriebsrechnung nicht belastenden Dampfbetriebs, bis unter Direktor Peter Widmer der Tiefpunkt erreicht war. Widmer verstand es, am Verwaltungsrat vorbei den Dampffahrplan trotz grosser Nachfrage «auszudünnen», Sonderfahrten abzulehnen und dringend nötige Revisionen an Wagen zu verhindern, so dass der Dampfzug 2014 zum letzten Mal verkehrte. Unter der bekanntermassen jedem Museumsgedanken ablehnend gegenüberstehenden BLT war keine Besserung zu erwarten. Zur Wahrung der weissen Weste wurde in Oberwil zwar kein explizites Dampfverbot erlassen. Perfide Rahmenbedingungen liessen aber eine Wiederaufnahme des Dampfbetriebs nicht zu, woran auch der 2012 gegründete Verein Dampfzug Waldenburgerbahn (VDWB) nichts ändern konnte. Mit einer Abschiedsfahrt am 23. September 2018 sagte sich das Waldenburgertal ein zweites Mal von der Kohle los. Einen Monat später bezog die G 3/3 5 zusammen mit dem B 48 und dem Güterwagen G 208 ihren wohl letzten Standort in einem tristen Mausoleum bei der Haltestelle Talhaus. Rückblickend ist diese Quasi-Vernichtung von technischem Kulturgut einem Totalversagen von Politik, Behörden, Tourismusbranche sowie der Bahnverwaltung unter alter und neuer Führung gleichzusetzen und als Schlag ins Gesicht dutzender Geldgeber und engagierter Personen zu werten, welche sich während rund fünf Jahrzehnten für den Nostalgie-Dampfbetrieb einsetzten.

Umspurungsdebatte

In den Jahren 2008–09 liess der Kanton Basel-Landschaft untersuchen, ob eine Verknüpfung der beiden geographischen Räume Pratteln Salina-Raurica – Liestal und Liestal – Waldenburg mit einem durchgehenden öffentlichen Verkehrssystem sinnvoll wäre, und welches Transportmittel in den einzelnen Gebieten zweckmässig sei. Eine umfassende Studie zeigte auf, dass für den Raum Liestal – Waldenburg aufgrund der prognostizierten Fahrgastzahlen sowie des Zustandes der Anlagen die Waldenburgerbahn in der bestehenden Form als 750-mm-Schmalspurbahn das idealste Verkehrsmittel ist. Sowohl eine Umstellung auf Bus wie auch eine Umspurung auf Meterspur wurden nicht als sinnvolle Lösungen angesehen. Hingegen sollte zur Erfüllung der Kundenanforderungen und zur Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) das Rollmaterial der WB auf Basis der Spurweite 750 mm und einer Wagenkastenbreite von 2,40 m erneuert werden. Einer Verknüpfung der beiden Verkehrsräume mit einer durchgehenden Linie auf Schiene oder Strasse beschied die Studie zu wenig Potenzial. Damit war die wiederholt geforderte, schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts angedachte Verlängerung der in Pratteln endenden Tramlinie 14 in Richtung Frenkendorf-Füllinsdorf ein weiteres Mal vom Tisch, ebenso der Lückenschluss zwischen Basler Strassenbahnsystem und Waldenburgerbahn, welcher als Einziges deren Umstellung auf Meterspur vollumfänglich gerechtfertigt hätte. Bemerkenswerterweise waren die Fachleute auch der Ansicht, dass eine Übernahme der WB durch die BLT keinerlei Vorteile bringen würde, da es sich sowohl technisch als auch räumlich um zwei unterschiedliche Systeme handle. Der Landrat folgte diesen Empfehlungen und hiess sie mit Beschluss vom 28. Oktober 2010 ohne Gegenstimme gut. Am System Waldenburgerbahn schien sich in den nächsten Jahren also nichts zu ändern, wenngleich bei Erneuerungen Kunstbauten und Gleisunterbau für Meterspur dimensioniert werden sollten, um die Option einer Umspurung langfristig offenzuhalten. Diesem Grundsatz lebte die WB jedoch bereits seit Jahren nach. Schon die 1913 vorgenommene Trasseverlegung zwischen Oberdorf und Waldenburg war für 1’000 mm Spurweite ausgelegt…

Als nächster Schritt war ein Betriebskonzept auszuarbeiten, das das Zusammenspiel Angebot/Rollmaterial/Infrastruktur definierte und die technischen Grundlagen für Fahrzeugbeschaffung und Infrastrukturanpassungen mitsamt BehiG-Massnahmen schuf. Im Detail vorgesehen waren

  • Doppelspurausbau zwischen Lampenberg und Hölstein zwecks Fahrplanoptimierung und Anschlussgewährleistung in Liestal
  • Anpassung des Lichtraumprofils hinsichtlich einer Fahrzeugbreite von 2,40 m
  • Erneuerung von Haltestellen entsprechend BehiG
  • Verlängerung der Perrons auf 110 m
  • Neubau von Depot und Werkstätte in Waldenburg
  • Erneuerung von Fahrleitung und Bahnstromversorgung
  • Zugsicherungsanlage mit kontinuierlicher Überwachung

Die etappierte Umsetzung der Massnahmen sollte bis 2020 abgeschlossen sein. Im Investitionsvolumen von 200 Mio. Franken war kein Rollmaterial enthalten. Dieses war durch die WB zu beschaffen. Gerechnet wurde mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 70 Mio. Franken zulasten der Bahn. Für die Umsetzung erster Baumassnahmen sowie für die Projektierung weiterführender Arbeiten wurde dem Parlament eine Kreditvorlage unterbreitet. Der Landrat beriet am 8. Mai 2014 über das Geschäft und winkte einen Teilkredit in Höhe von 29 Mio. Franken ohne Gegenstimme durch. Gleichzeitig entbrannte eine Diskussion über die Frage der Spurweite. Votanten mit mehr oder weniger Sachverstand erreichten einen Ratsbeschluss, welcher die Regierung zur Prüfung einer Umspurung verpflichtete.

G 3/3 5 «G. Thommen» – zwischen 1961 und 1975 als Denkmal in Liestal aufgestellt.
© G. Schelling

Der entsprechende Bericht folgte mit Datum vom 22. September 2015. Richtigerweise wurde nicht ausschliesslich ein Wechsel auf Meterspur untersucht, sondern das Gesamtsystem bewertet und unter anderem die Umstellung auf SBB-Normalien mit Anschluss ans Normalspurnetz in Liestal analysiert. Eine solche kam aber aufgrund unumgänglicher, doch kaum umsetzbarer Anpassungen des Lichtraumprofils auf der ganzen Strecke nicht zur Umsetzung in Frage. Erstaunlich oberflächlich fielen die Aussagen zum Rollmaterial aus. Sie beschränkten sich auf Wagenkastenbreite, Sitzplatzzahl und Beschaffungskosten. Das Fazit fiel zugunsten einer Umspurung auf Meterspur aus, begründet mit erwarteten Einsparungseffekten bei Fahrzeugbeschaffung und Gleisunterhalt sowie mit angeblichen Synergien zu anderen Bahnen. Der Umstand, dass infolge des viergleisigen Ausbaus des Bahnhofs Liestal durch die SBB der Betrieb der Waldenburgerbahn ohnehin für mindestens ein Jahr eingestellt werden muss, wirkte sich begünstigend auf den Spurwechselentscheid aus. Diese Zeit sollte für die Umspurungsarbeiten unbedingt genutzt werden. Der Bericht beleuchtete auch die Zukunft des Nostalgie-Dampfbetriebs, nahm dessen Ende jedoch billigend in Kauf. Am 17. Dezember 2015 tagte der Landrat. Vertreter sattsam bekannter Kreise liessen es sich nicht nehmen, erneut eine Umstellung auf Busbetrieb zu fordern, obwohl eine solche nicht Thema war. Einzelne Votanten erkannten den Wert des Dampfzugs, verpassten es aber, sich für dessen betriebsfähige Erhaltung mit Engagement einzusetzen. Andere taten die Bewahrung von Kulturgut als Nostalgiegedanke ab. Wohl erstmals fand das Unwort «Ferrosexuell» Aufnahme in einem Schweizer Ratsprotokoll, was sowohl das intellektuelle Niveau einzelner Volksvertreter als auch die Qualität der langwierigen Debatte recht eindrücklich widerspiegelt. Mit 57 zu 20 Stimmen bei einer Enthaltung beschloss der Landrat schliesslich die beantragte Umspurung und führte die Waldenburgerbahn an den zweiten Wendepunkt ihrer Geschichte.

Zukunft als Tramlinie 19

Mit dem Eintreffen des letzten fahrplanmässigen Zugs in Waldenburg am 6. April 2021 um 01:18 Uhr endete der Betrieb der Waldenburgerbahn auf der 750-mm-Spur nach gut 140 Jahren. Noch in derselben Nacht begann der Abbruch von Gleisen, Fahrleitung, Sicherungsanlagen und Hochbauten. Das Pendelzug-Rollmaterial wurde für 80’000 Franken in die Slowakei an die nicht elektrifizierte Čiernohronská železnica (ČHŽ, dt. Schwarzgranbahn) verscherbelt. Älteres Rollmaterial verliess die Region schon früher Richtung Osteuropa. Selbstredend war die museale Erhaltung einzelner Fahrzeuge nie ein Thema.

Zwischen Lampenberg und dem Dorfausgang von Hölstein wird bis Ende 2022 eine Doppelspurinsel errichtet, was die Aufhebung der Kreuzungsstelle im Zentrum Hölsteins ermöglicht (06.08.2020).
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 1212_65)

Für Umspurung, vollständige Erneuerung der Bahn-Infrastruktur und punktuelle Doppelspurausbauten waren Investitionen von rund 250 Mio. Franken vorgesehen, vom Bund über den Bahninfrastrukturfonds FABI finanziert. Hinzu kamen vom Kanton übernommene Massnahmen zum Hochwasserschutz sowie Strassenanpassungen. Teile des Tals der Vorderen Frenke wurden dabei regelrecht umgepflügt. Die grössten baulichen Eingriffe waren in Niederdorf zu beobachten, wo auf einer Länge von rund 700 m das Bachbett verbreitert wurde. Beim Bahnhof in Waldenburg wurde der benachbarte Polizeiposten abgebrochen, um Platz für neue Publikumsanlagen sowie ein Depot- und Werkstattgebäude mit Dimension und Charme einer Talsperre zu schaffen.

Für weitere 60 Mio. Franken beschaffte die BLT zehn 45 m lange Stadtbahn-Fahrzeuge Typ Tramlink von Stadler Rail AG, ES-Valencia. Die siebenteiligen, im BLT-Farbschema Gelb-Blutorange lackierten Multigelenkfahrzeuge waren durchgehend niederflurig und verkehrten in Spitzenzeiten als Doppeltraktion.

Das Zugsicherungssystem wurde nach CBTC-Standard (Communication Based Train Control) ausgeführt. Informationen wurden dem Triebfahrzeugführer kontinuierlich auf Bildschirme im Führerstand übermittelt, wodurch Aussensignale überflüssig werden. Die neue Waldenburgerbahn sollte zunächst im Modus GoA1+, später GoA2 (Grade of Automation) betrieben werden; von führerlosen Zügen wagen offensichtlich auch die grössten Phantasten nicht mehr zu sprechen.

Fazit

Die Waldenburgerbahn wird auch langfristig ein Inselbetrieb bleiben, ohne Aussicht auf Verknüpfung mit einer anderen Bahn. Somit wird die Meterspur keinerlei betriebliche Vorteile bringen. Lediglich marginale Einsparungen bei Betriebskosten und Rollmaterialbeschaffung sind zu erwarten, unter gleichzeitiger Hinnahme der Dampfzug-Stilllegung als Kollateralschaden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Ein Grossteil der zu ersetzenden Bauten befand sich noch nicht am Ende der Abschreibungsperiode. Beispielsweise stammen Bahnhofsgebäude und Pendelzughalle in Waldenburg aus dem Jahr 1993, Kreuzungsstation Winkelweg und Trasse im Strassenkörper von Oberdorf aus der Jahrtausendwende. Die untergehenden Werte dürften zumindest kritisch hinterfragt werden.

Entgegen ersten Ankündigungen wurden keine Fahrzeuge mit konventionellen Drehgestellen beschafft, welche hohe Laufruhe bei geringen Unterhaltskosten versprechen. Stattdessen fiel der Entscheid zugunsten von Niederflur-Strassenbahnen mit zerklüfteter Innenarchitektur. Solche Fahrzeuge sind vor allem für schnellen Fahrgastwechsel und hohe Kapazität durch viele Stehplätze ausgelegt. Beides ist im Waldenburgertal nicht massgebend.

Es bleibt abzuwarten, wie gross die Freude der Fahrgäste am meterspurigen Trambetrieb sein wird, der im Dezember 2022 aufgenommen wurde. Wesentliche Verbesserungen gegenüber dem bisherigen, zuverlässigen und erprobten Bahnbetrieb sind nicht zu erwarten, eher der eine oder andere durch unausgereifte Umsysteme verursachte Anschlussbruch. Immerhin dürfte eine Umstellung auf Busbetrieb in den nächsten Jahrzehnten kein Thema mehr sein.


Dieser Artikel erschien in leicht geschönter Form in der Zeitschrift «Eisenbahn Amatuer», Ausgabe 7/2021 und.
Seit Dezember 2022 verkehren zwischen Liestal und Waldenburg moderne Niederflur-Strassenbahnwagen des Typs Tramlink von Stadler Rail AG
(im Bild Be 6/8 104 am 11. Dezember 2022 bei Talhaus). Eisenbahnrechtlich und konzessionsmässig bleibt der Betrieb jedoch eine Schmalspurbahn.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. DFF_3072)

Zuletzt aktualisiert am 10. Dezember 2023 von Dominik Madörin