Tw 617 mit Basler Grossraum-Anhänger im Mai 2016 auf dem Weg vom malerischen Banjica-Quartier (Endpunkt der Linien 9, 10 und 14) in Richtung Stadtzentrum.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. DFD_0184)

Nach der Jahrtausendwende wurde Beograd (dt. Belgrad), Hauptstadt der Republik Serbien, neue Heimat für eine grosse Zahl ausgedienter Basler Strassenbahnwagen.

Beograd, übersetzt «weiße Stadt», liegt an der Mündung der Save in die Donau und ist mit einer über 7000-jährigen Geschichte eine der ältesten durchgehend besiedelten Orte Europas. Während fast 300 Jahren unter osmanischer Kontrolle entwickelte sich die Stadt zu einem wichtigen Verwaltungszentrum und war Knotenpunkt zwischen Orient und Occident. Nach Gründung des Fürstentums Serbien wurde Beograd 1841 zur Hauptstadt dieses neuen Staates und blieb dies auch während der Zeit des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen (1918–1929), des Königreichs Jugoslawien (1929–1941) sowie während des sozialistischen Jugoslawiens (ab 1944).

Strassenbahnen verkehren in der rund 1,4 Mio. Einwohner zählenden Metropole (Stand 2022, Agglomeration 1,8 Mio.) seit 1892. Bereits zwei Jahre nach der Eröffnung der ersten Pferdebahnlinie wurde der elektrische Betrieb eingeführt. Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg erlitten die Stadt und damit auch der Strassenbahnbetrieb schwere Schäden, wurden aber jeweils wieder aufgebaut. Von 1947 an verkehrte ergänzend der Trolleybus. Nach der Aufgabe eines ersten U-Bahn-Projekts erfuhr das Netz 1985 eine letzte Erweiterung durch eine über die Save nach Novi Beograd führende Strecke.

Rückgrat der GSP-Flotte bildeten die zahlreich vorhandenen Kurzgelenkwagen des Typs CKD Tatra KT4YU. In «mittlerem Erhaltungszustand» befand sich im Mai 2002 der Wagen 240.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. YU-2002.301)

Nach dem Zerfall Jugoslawiens und begünstigt durch Krieg und Misswirtschaft befanden sich die Beograder Verkehrsbetriebe Gradsko saobraćajno preduzeće Beograd (GSP), zu deutsch etwa «Städtisches Verkehrsunternehmen Belgrad», Ende der Neunzigerjahre in einem desolaten Zustand. So führte Mangel an Geld und Material dazu, dass Streckennetz und Fahrzeuge nicht instand gehalten werden konnten. Von den ursprünglich 200 Gelenkwagen des Typs CKD Tatra KT4YU waren noch etwa 100 betriebsfähig. Der Gleiszustand war bedenklich – bei starkem Regen musste der Betrieb ab und an sogar eingestellt werden.

Wohl nicht nur durch Krieg und Misswirtschaft verursacht, sondern zu einem grossen Teil wohl auch mentalitätsbedingt war der Zustand der Belgrader Verkehrsbetriebe um die Jahrtausendwende: «Ersatzteillager» im Depot Dorcol.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. YU-2002.361)

Unter Schirmherrschaft des Schweizerischen Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) vermittelte die Stadt Basel der Bevölkerung von Beograd als Geste des guten Willens mehrfach nicht mehr benötigte Tramwagen der Basler Verkehrs-Betriebe (BVB). Später schloss sich auch die Baselland Transport AG (BLT) dieser Aktion an. Für das Projekt wurden zwischen 2002 und 2011 rund 3,5 Mio. Franken bereitgestellt. Das Geld diente für den Fahrzeugtransport, für die Ausbildung von Fahr- und Unterhaltspersonal, für die Beschaffung von Ersatzteilen sowie für die Finanzierung der Revisionsarbeiten. Die Tramfahrzeuge selbst wurden geschenkweise abgegeben. Das SECO rechnete mit einer Restnutzungsdauer von 10 bis 15 Jahren. Die GSP ging ursprünglich davon aus, lediglich bis etwa 2020 auf die Fahrzeuge angewiesen zu sein.

Fahrzeuge und Transport

In einer ersten Phase traten zwischen Oktober 2001 und April 2002 alle DÜWAG-Gelenkwagen der ersten Bauserie aus dem Jahr 1967 (Be 4/6 603–622) sowie die eigentlich als Ersatzteilspender vorgesehenen Wagen 630 und 632 der zweiten Bauserie von 1972 die Reise nach Belgrad an. Dazu kamen zwölf Grossraum-Anhängewagen B 1401–1403, 1405–1407, 1409–1413 und 1415 sowie der Grossraum-Motorwagen Be 4/4 456. Von der BLT erhielt Belgrad die Dreiachs-Anhänger B3 1335–1340 und 1342–1344.

Zwei DÜWAG-Motorwagen (Be 4/6 607 und 619) wurden noch in Basel revidiert und an die neuen Verhältnisse angepasst. Dabei wurde die Simatic-Fahr-/Bremssteuerung ausgebaut und ein Führerbremsventil für die Bedienung der Druckluftbremse installiert. Änderungen erfuhr auch die Fluoreszenzröhren-Innenbeleuchtung. Ferner wurde ein linksseitiger Rückspiegel angebracht und das Basler Wappen bzw. BVB-Logo entfernt. Die Anpassungen an den übrigen Fahrzeugen nahm die GSP direkt in Beograd vor.

Wie es sich gehört erreichten die meisten Basler Strasenbahnwagen Beograd auf dem Schienenweg. Anfänglich erfolgte der Auflad auf dem Adtranz/Bombardier-Areal in Pratteln (früher Schindler Waggon AG). Aufnahme vom 10. April 2002.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 5.1553)

Insgesamt umfasste die erste Aktion der Jahre 2001 und 2002 23 Motor- und 21 Anhängewagen. Auch noch lange nach dem Rückzug des SECO aus dem Projekt folgten in mehreren Lieferungen Dutzende weitere Fahrzeuge, so bis auf wenige Ausnahmen sämtliche DÜWAG-Gelenkwagen und zahlreiche Grossraum-Anhängewagen von BVB und BLT sowie 13 Gelenkwagen der BLT-Serie 100. Der Ausbau der Simatic-Steuerung wurde nicht bei allen Motorwagen vorgenommen. Ende 2020 erhielten die GSP mit den B 1477, 1484 und 1494 die ersten Anhängewagen mit Niederflurbereich.

Eine zunächst beabsichtigte Übernahme von rund 50 ausgemusterten Gelenkwagen der BLT-Serie 200 ab 2024 kam hingegen nicht zustande, da sich die GSP im Hinblick auf die in Beograd stattfindende Weltausstellung Expo 2027 für die Beschaffung neuer fünfteiliger 30-Meter-Niederflurwagen des türkischen Herstellers Bozankaya A.Ş. entschieden. Die ersten der 25 bestellten Fahrzeuge zum Stückpreis von rund 3,25 Mio. EUR wurden bereits im Jahre 2025 in Beograd erwartet. Es handelte sich um die erste Tram-Neubeschaffung seit dem Kauf von 30 Niederflur-Gelenkwagen Urbos 3 des spanischen Hersteller Construcciones y Auxiliar de Ferrocarriles S.A. (CAF), welche ab Frühjahr 2011 zur Ablieferung kamen.

Auch nach der Lieferung von 30 modernen Niederflurwagen Urbos 3 von CAF erhielten die GSP noch Rollmaterial aus der Schweiz: Urbos 3 1525 neben ex-BVB-DÜWAG 2639 am 26. Mai 2017 im Depot Sava.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. DFE_0309)

Von den Basler Verkehrs-Betrieben übernommenes Rollmaterial

  • BVB Be 4/4 456 → GSP Tw 456 (2001) → 2016 Tw 2456
  • BVB Be 4/6 603 → GSP Tw 603 (2001) → 2016 Tw 2603
  • BVB Be 4/6 604 → GSP Tw 604 (2001) → 2016 Tw 2604
  • BVB Be 4/6 605 → GSP Tw 605 (2001) → 2016 Tw 2605
  • BVB Be 4/6 606 → GSP Tw 606 (2001) → 2016 Tw 2606
  • BVB Be 4/6 607 → GSP Tw 607 (2002) → 2016 Tw 2607
  • BVB Be 4/6 608 → GSP Tw 608 (2002) → 2016 Tw 2608
  • BVB Be 4/6 609 → GSP Tw 609 (2002) → 2016 Tw 2609
  • BVB Be 4/6 610 → GSP Tw 610 (2001) → 2016 Tw 2610
  • BVB Be 4/6 611 → GSP Tw 611 (2002) → 2016 Tw 2611
  • BVB Be 4/6 612 → GSP Tw 612 (2002) → 2016 Tw 2612
  • BVB Be 4/6 613 → GSP Tw 613 (2002) → 2016 Tw 2613
  • BVB Be 4/6 614 → GSP Tw 614 (2002) → 2016 Tw 2614
  • BVB Be 4/6 615 → GSP Tw 615 (2001) → 2016 Tw 2615
  • BVB Be 4/6 616 → GSP Tw 616 (2002) → 2016 Tw 2616
  • BVB Be 4/6 617 → GSP Tw 617 (2001) → 2016 Tw 2617
  • BVB Be 4/6 618 → GSP Tw 618 (2001) → 2016 Tw 2618
  • BVB Be 4/6 619 → GSP Tw 619 (2002) → 2016 Tw 2619
  • BVB Be 4/6 620 → GSP Tw 620 (2002) → 2016 Tw 2620
  • BVB Be 4/6 621 → GSP Tw 621 (2001) → 2016 Tw 2621
  • BVB Be 4/6 622 → GSP Tw 622 (2002) → 2016 Tw 2622
  • BVB Be 4/6 624 → GSP Tw 2624 (2016; vorerst keine Inbetriebnahme)
  • BVB Be 4/6 625 → GSP Tw 625 (2003) → 2016 Tw 2625
  • BVB Be 4/6 626 → GSP Tw 626 (2016) → 2016 Tw 2626
  • BVB Be 4/6 629 → GSP Tw 2629 (2016; vorerst keine Inbetriebnahme)
  • BVB Be 4/6 630 → GSP Tw 630 (2001) → 2016 Tw 2630
  • BVB Be 4/6 631 → GSP Tw 625 (2003)
  • BVB Be 4/6 632 → GSP Tw 632 (2001) → 2016 Tw 2632
  • BVB Be 4/6 634 → GSP Tw 634 (2009) → 2016 Tw 2634
  • BVB Be 4/6 637 → GSP Tw 2637 (2016; vorerst keine Inbetriebnahme)
  • BVB Be 4/6 639 → GSP Tw 2639 (2016)
  • BVB Be 4/6 640 → GSP Tw 640 (2003) → 2016 Tw 2640
  • BVB Be 4/6 642 → GSP Tw 2642 (2016)
  • BVB Be 4/6 644 → GSP Tw 2644 (2016; Inbetriebnahme 2020)
  • BVB Be 4/6 645 → GSP Tw 2645 (2016; vorerst keine Inbetriebnahme)
  • BVB Be 4/6 646 → GSP Tw 2646 (2016; vorerst keine Inbetriebnahme)
  • BVB Be 4/6 647 → GSP Tw 2647 (2016)
  • BVB Be 4/6 648 → GSP Tw 648 (2009) → 2016 Tw 2648
  • BVB Be 4/6 649 → GSP Tw 649 (2009) → 2016 Tw 2649
  • BVB Be 4/6 650 → GSP Tw 2650 (2016; Inbetriebnahme 2020)
  • BVB Be 4/6 651 → GSP Tw 2651 (2016)
  • BVB Be 4/6 652 → GSP Tw 2652 (2016; Inbetriebnahme 2020)
  • BVB Be 4/6 653 → GSP Tw 2653 (2016)
  • BVB Be 4/6 654 → GSP Tw 654 (2011) → 2016 Tw 2654
  • BVB Be 4/6 655 → GSP Tw 2655 (2016)
  • BVB Be 4/6 656 → GSP Tw 2656 (2016; vorerst keine Inbetriebnahme)
  • BVB Be 4/6 657 → GSP Tw 657 (2003) → 2016 Tw 2657
  • BVB B 1401 → GSP Aw 1401 (2001)
  • BVB B 1405 → GSP Aw 1405 (2001)
  • BVB B 1407 → GSP Aw 1407 (2001)
  • BVB B 1409 → GSP Aw 1409 (2001)
  • BVB B 1410 → GSP Aw 1410 (2001)
  • BVB B 1411 → GSP Aw 1411 (2001)
  • BVB B 1412 → GSP Aw 1412 (2001)
  • BVB B 1413 → GSP Aw 1413 (2001)
  • BVB B 1415 → GSP Aw 1415 (2001)
  • BVB B 1423 → GSP Aw 1423 (2006)
  • BVB B 1424 → GSP Aw 1424 (2006)
  • BVB B 1425 → GSP Aw 1425 (2006)
  • BVB B 1426 → GSP Aw 1426 (2006)
  • BVB B 1429 → GSP Aw 1429 (2011)
  • BVB B 1431 → GSP Aw 1431 (2011)
  • BVB B 1432 → GSP Aw 1432 (2011)
  • BVB B 1437 → GSP Aw 1470 (2016)
  • BVB B 1438 → GSP Aw 1438 (2011)
  • BVB B 1446 → GSP Aw 1471 (2016)
  • BVB B 1447 → GSP Aw 1472 (2016)
  • BVB B 1450 → GSP Aw 1473 (2016; Inbetriebnahme 20??)
  • BVB B 1452 → GSP Aw 1474 (2016; Inbetriebnahme 20??)
  • BVB B 1455 → GSP Aw 1476 (2016; Inbetriebnahme 20??)
  • BVB B 1460 → GSP Aw 1477 (2016; Inbetriebnahme 20??)
  • BVB B 1461 → GSP Aw 1478 (2016)
  • BVB B 1467 → GSP Aw 1475 (2016)
  • BVB B 1474 → GSP Aw 1479 (2016; Inbetriebnahme 2020)
  • BVB B 1477 → GSP Aw 14xx (2020)
  • BVB B 1484 → GSP Aw 1484 (2020)
  • BVB B 1494 → GSP Aw 1494 (2020)

Von der Baselland Transport AG übernommenes Rollmaterial

  • BLT Be 4/6 101 → GSP Tw 701 (2016) → 2016 Tw 2701
  • BLT Be 4/6 102 → GSP Tw 702 (2016) → 2016 Tw 2702
  • BLT Be 4/6 103 → GSP Tw 2703 (2016; Inbetriebnahme 20??)
  • BLT Be 4/6 104 → GSP Tw 2704 (2016; Inbetriebnahme 2020)
  • BLT Be 4/6 105 → GSP Tw 705 (2016) → 2016 Tw 2705
  • BLT Be 4/6 106 → GSP Tw 2706 (2016; vorerst keine Inbetriebnahme)
  • BLT Be 4/6 107 → GSP Tw 707 (2016) → 2016 Tw 2707
  • BLT Be 4/6 108 → GSP Tw 708 (2016) → 2016 Tw 2708
  • BLT Be 4/6 109 → GSP Tw 709 (2016) → 2016 Tw 2709
  • BLT Be 4/6 111 → GSP Tw 710 (2016) → 2016 Tw 2710
  • BLT Be 4/6 112 → GSP Tw 2711 (2016; vorerst keine Inbetriebnahme)
  • BLT Be 4/6 114 → GSP Tw 2712 (2016; Inbetriebnahme 20??)
  • BLT Be 4/6 115 → GSP Tw 2713 (2016; vorerst keine Inbetriebnahme)
  • BLT Be 4/6 123 → GSP Tw 123 (2012) → 2016 Tw 2123
  • BLT Be 4/6 133 → GSP Tw 133 (2012) → 2016 Tw 2133
  • BLT Be 4/6 135 → GSP Tw 135 (2012) → 2016 Tw 2135
  • BLT Be 4/6 141 → GSP Tw 141 (2012) → 2015 Tw 658 → 2016 Tw 2658
  • BLT Be 4/6 143 → GSP Tw 143 (2012) → 2016 Tw 2143
  • BLT Be 4/6 158 → GSP Tw 158 (2012; keine Inbetriebnahme, ETS)
  • BLT B3 1335 → GSP Aw 1335 (2001) → 2014 Aw 1450
  • BLT B3 1336 → GSP Aw 1336 (2001) → 2014 Aw 1451
  • BLT B3 1337 → GSP Aw 1337 (2001) → 2014 Aw 1452
  • BLT B3 1338 → GSP Aw 1338 (2001) → 2014 Aw 1453
  • BLT B3 1339 → GSP Aw 1339 (2001) → 2014 Aw 1454
  • BLT B3 1340 → GSP Aw 1340 (2001) → 2014 Aw 1455
  • BLT B3 1342 → GSP Aw 1342 (2001) → 2014 Aw 1456
  • BLT B3 1343 → GSP Aw 1343 (2001) → 2014 Aw 1457
  • BLT B3 1344 → GSP Aw 1344 (2001) → 2014 Aw 1458
  • BLT B 341 → GSP Aw 1403 (2001)
  • BLT B 342 → GSP Aw 1406 (2001)
  • BLT B 343 → GSP Aw 1404 (2001)
  • BLT B 1304 → GSP Aw 1304 (2012) → 2013 Aw 1443
  • BLT B 1301 → GSP Aw 1301 (2012) → 2013 Aw 1440
  • BLT B 1302 → GSP Aw 1302 (2012) → 2013 Aw 1441
  • BLT B 1303 → GSP Aw 1303 (2012) → 2013 Aw 1442
  • BLT B 1316 → GSP Aw 1316 (2012) → 2013 Aw 1444
  • BLT B 1317 → GSP Aw 1317 (2012) → 2013 Aw 1445
  • BLT B 1318 → GSP Aw 1318 (2012) → 2013 Aw 1446
  • BLT B 1319 → GSP Aw 1319 (2012) → 2013 Aw 1447
  • BLT B 1320 → GSP Aw 1320 (2012) → 2013 Aw 1448
  • BLT B 1321 → GSP Aw 1321 (2012) → 2013 Aw 1449

Einsatz in Beograd

Revisionsarbeiten, Personalschulung und Inbetriebnahme der Fahrzeuge wurden vor Ort von SECO-Mitarbeitern überwacht. An einigen Haltestellen war die Bordsteinkante zu hoch, so dass die Türflügel hängenblieben. Dieses Problem konnten die GSP durch Abspitzen der Randsteine lösen.

Bis auf den B3 1338 (ehemaliges Sparschwein) behielten die Fahrzeuge vorerst ihren ursprünglichen (Werbe-)Anstrich. Einige Anhänger bekamen später Ganzwerbungen insbesondere für Raucherwaren, wobei nach Ablauf der Verträge die Grundfarbe der Werbung in der Regel noch einige Zeit bestehen blieb. Alle dreiachsigen Anhänger präsentierten sich zuletzt jedoch in grüner Farbe. Sie verkehrten bis 2013. Drei Wagen entgingen dem Abbruch, wobei der Aw 1343 vom Tramclub Basel in die Region Basel zurückgeholt wurde.

Bis vor wenigen Jahren fuhren die Beograder Verkehrsbetriebe mit Billeteur. Da die aus Basel übernommenen Fahrzeuge keinen Billeteursitz mehr hatten, musste vorne eingestiegen und die Fahrkarte beim Wagenführer gelöst werden. Zwischenzeitlich haben die GSP ein neues Tarifsystem eingeführt, welches jedoch den Einbau von elektronischen Entwertergeräten in die Fahrzeuge bedingte.

Netzplan Beograd (Stand 2018)
© GSP

Die Basler Gelenkwagen verkehrten grösstenteils mit Anhängewagen. Solche schienen in Beograd überhaupt sehr beliebt, insbesondere die Dreiachser. Eine Kompatibilität mit den Tatra-Motorwagen der GSP bestand jedoch nicht, so dass Anhänger ausschliesslich hinter Basler DÜWAG-Motorwagen liefen (bei den ehemaligen BLT-Be 4/6 101…115 wurden die Kupplungen entfernt). Alleinfahrende Gelenkwagen waren auf der Linie 11 die Regel oder kamen bei Anhängermangel vor. Doppel- oder Mehrfachtraktionen konnten wegen der Weichensteuerung nicht eingesetzt werden. Die entsprechenden Einrichtungen wurden aus den Wagen entfernt.

Haupteinsatzgebiete waren die Linien 3, 5, 7 und 14. 2011 empfingen die GSP allerdings dreissig neue Niederflur-Multigelenkwagen «Urbos 3» des spanischen Herstellers Construcciones y Auxiliar de Ferrocarriles S.A. (CAF),. Der Einsatz von Basler Trams beschränkte sich in der Folge weitgehend auf Spitzenzeiten.

Bereits nach wenigen Monaten Einsatzdauer präsentierten sich die Fahrzeuge meist in erbärmlichem Zustand: Beulen und Kratzspuren zeugten von unsorgfältigem Umgang und zahlreichen Feindberührungen mit Autos. Einige Wagen waren auch in schwere (Eigen-)Kollisionen verwickelt, wurden teilweise in der GSP-Werkstätte jedoch wieder aufgebaut. Ausgemustert wurden bisher die alle Dreiachs-Anhänger sowie einige wenige Grossraum-Anhängewagen und DÜWAG-Motorwagen.

Der Be 4/4 456 galt als Exot im Wagenpark und verkehrte nie im Linienbetrieb. Der Stromabnehmer war für Belgrader Verhältnisse ungeeignet und der Wagen für das meist hohe Fahrgastaufkommen zu klein. Zudem fehlte es an Personal, welches Fahrschalter und Führerbremsventil richtig bedienen konnte. Einzelne Versuche, mit dem Wagen Stadtrundfahrten anzubieten, verliefen im Sande. Eine Ausmusterung des Einzelstücks war dennoch bisher nicht vorgesehen.

Wenig Freude schienen die GSP auch an den Be 4/6 der BLT-Serie 100 zu haben. Lediglich acht von ihnen wurden in Betrieb genommen und auf den Linien 11 und 13 als Solowagen eingesetzt. 2024 waren nur noch zwei Fahrzeuge vorhanden, kamen jedoch nicht mehr zum Einsatz.

An den Be 4/6 der BLT-Serie 100 schienen die GSP wenig Freude zu haben. Lediglich acht von ihnen wurden in Betrieb genommen. Am 13. Mai 2016 überquert der Tw 701 (ex-BLT Be 4/6 101) die Save auf der alten Zemunski-Brücke.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. DFD_0934)

Grundsätzlich behielten die Fahrzeuge ihre Basler Betriebsnummern bei. Eine 2010 begonnene Vereinheitlichung der Nummerierung sämtlicher GSP-Fahrzeuge erfasste auch die ehemaligen BVB- und BLT-Trams. Entsprechend dem neuen Schema sollten die Nummern aller Fahrzeuge des elektrischen Betriebs mit oder ohne eigenem Antrieb, also Tram-Motorwagen, Tram-Anhängewagen und Trolleybusse, in einen Bereich zwischen 1400 und 3000 zu liegen kommen. Dies erreichte man, indem 2016 den Nummern der Motorwagen die Ziffer 2 vorangestellt wurde. Schon drei Jahre zuvor wurden die BLT-Grossraumanhänger 1301…1321 zu 1440–1449. 2014 bekamen die bereits abgestellten, jedoch noch nicht ausgemusterten Dreiachs-Anhänger 1335…1344 die neuen Nummern 1450 bis 1458. Diese etwas konzeptlose Vorgehensweise führte zu verschiedenen Konflikten. Als eine Folge davon wurden von den BVB neu übernommene Anhänger ab 2016 grundsätzlich mit Nummern im Bereich 1470ff. in Betrieb gesetzt.

Fazit

Für Verkehrsbetriebe in der Schweiz oder in Westeuropa allgemein stellte die Abgabe von ausgemustertem Tramwagen, Auto- und Trolleybussen an Städte im Osten des Kontinents eine einfache und billige Entsorgungslösung dar, wobei es grundsätzlich zu begrüssen ist, wenn noch betriebsfähige Fahrzeuge einer weiteren Nutzung zugeführt wurden. Solche Experimente schienen insbesondere in der Ukraine (Winnyzja) oder im rumänischen Iasi recht gut gelungen, andernorts weniger.

Mehrere persönliche Besuche in Beograd hinterliessen gemischte Gefühle. Es entstand der Eindruck, dass die GSP mit den quasi aufgedrängten «Geschenken» nie richtig glücklich wurden. Zu gross war vermutlich die Umstellung vom robusten Tatra-Kurzgelenkwagen auf die in praktisch sämtlichen Bereichen völlig anders konzipierten Basler Fahrzeuge. Wohl nur die immense fachliche und finanzielle Unterstützung aus der Schweiz sowie die Aufsichtsfunktion des SECO verhinderten, dass das Rollmaterial schon nach kurzer Zeit wieder abgestellt und verschrottet wurde.

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Zuletzt aktualisiert am 18. Januar 2025 von Dominik Madörin