MB 628 10 eCitaro Nr. 1001 am 17. Mai 2021, einem seiner ersten Einsatztage auf der Linie 37 (Gellertstrasse). Durch die bei den BLT-Bussen farblich nicht abgesetzte «Mütze» überwiegt bei der Front der Schwarzanteil eher nachteilig.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 351_13)
Am 7. Februar 2019 schrieb die Baselland Transport AG (BLT) die Beschaffung von fünf Elektro-Normbussen inklusive Ladeinfrastruktur und Betriebsdaten-Managementsystem für einen ab Frühjahr 2021 geplanten Pilotbetrieb auf der Linie 37 öffentlich aus. Drei Angebote von EvoBus GmbH, Carrosserie HESS AG und BYD Europe wurden fristgerecht eingereicht. Das Angebot von EvoBus mit dem neuen Mercedes-Benz eCitaro erhielt von BLT-Chauffeuren und Werkstattpersonal gleichermassen gute Noten, so dass dieser Anbieter den Zuschlag erhielt.
Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (rnv) beschaffte 2019 als erster Betrieb Mercedes-Benz eCitaro-Elektrobusse. Am 26. Mai 2019 steht der Wagen 8502 an der Ladesäule im RNV-Betriebshof Heidelberg.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. DFE_8850)
Der klassische Niederflur-Stadtbus Mercedes-Benz Citaro – mit Diesel- oder Gasantrieb, aber auch als Hybridvariante weit über 50’000mal verkauft – bildete die Plattform für den eCitaro. So blieb das grundsätzliche Layout des Fahrzeugaufbaus weitgehend unverändert; Türen, Seitenscheiben und Verblechung des eCitaro entsprachen 1:1 dem klassischen Citaro. Auch das darunter steckende Gerippe war jenes des Urtyps. Ganz anders kam die mit dem (noch) aussergewöhnlichen Elektroantrieb korrespondierende Frontgestaltung daher. Sie nahm Elemente aus der Formensprache der Studie «Future Bus» von Mercedes-Benz auf und erinnerte kaum mehr an den Citaro-Urtyp. Der Stossfänger mit integrierter Kennzeichenplatte und die dreidimensional herausgearbeiteten modelltypischen A0-Säulen rahmten das Gesicht des eCitaro ein. Die gewölbte Windschutzscheibe wurde in schwarz-glänzendem iPhone-Stil mit chromhinterlegten Querspangen optisch gegen unten verlängert. Nach oben schwang sie sich bis zum Dach empor und integrierte Liniennummern- und Fahrzielanzeige. Mittig trug sie eine bei vielen Betrieben farblich abgesetzte, fast schwebend wirkende «Mütze», die einen fliessenden Übergang ins erhöhte Dach schuf und ebenfalls eines der Designelemente des Future Bus war. Eine identische Mütze sorgte auch im oberen Heckbereich für einen stimmigen Übergang.
Im Innenraum und beim Fahrerplatz fielen die Änderungen gegenüber dem Citaro-Urtyp hingegen marginal aus. Insbesondere blieben der Motorraum mitsamt darüberliegendem Komponententurm links im Heck erhalten. Dementsprechend präsentierte sich die Architektur in diesem Bereich wie bei Dieselbussen zerklüftet und zugebaut. Im Vergleich zu von Grund auf als Elektrobus konzipierten Fahrzeugen mit ausgewogener Verteilung der Technikkomponenten war der eCitaro hier eindeutig im Nachteil. Auch der Fahrgast profitierte kaum vom Elektroantrieb des eCitaro, sieht man von der angenehm leisen Geräuschkulisse ab, welche während der Fahrt aber zeitweise vom deutlich wahrnehmbaren Sirren der Radnabenmotoren gestört wurde. Eine CO2-Klimaanlage mit Wärmepumpe heizte oder kühlte den Fahrzeuginnenraum je nach Jahreszeit.
Technische Daten bei Inbetriebsetzung:
Marke/Typ: Mercedes-Benz 628 10 eCitaro
Anzahl Wagen: 17
Wagennummern: 1001 bis 1005, 1010 bis 1017, 1020 bis 1023
Im Linienbetrieb: seit 2021
Chassis, Karosserie: EvoBus GmbH / Daimler Buses GmbH
Anschaffungskosten/Wg.: ca. CHF 750’000.– (exkl. Ladeinfrastruktur)
Länge über Stossbalken: 12’135 mm
Breite: 2’550 mm
Höhe über alles: 3’400 mm
Radstand: 5’900 mm
Taragewicht: ca. 14’500 kg
Sitz-/Stehplätze: 30+1/42
Höchstgeschwindigkeit: 80 km/h
Anzahl Fahrmotoren: 2 (radnabennahe Asynchronmotoren)
Hersteller/Typ: ZF AVE 130
Maximalleistung: 2 x 170 PS bzw. 2 x 125 kW
bei Drehzahl: 3’520 U/min
Übersetzungsverhältnis im Radkopf: 1:22,66
Batterietyp: Feststoffbatterie Lithium-Metal-Polymer (LMP)
Batteriekapazität: 441 kWh
Bremsen: Elektronisch geregelte Zweikreis-Druckluftbreme, elektrodynamische Rekuperationsbremse, Haltestellenbremse, Federspeicher-Feststellbremse
Beim Antrieb setzte EvoBus nicht konsequent auf eigene Neuentwicklungen. Bei der Hinterachse griffen die Entwickler auf die Portalachse AVE 130 von ZF Friedrichshafen AG mit hochtourigen flüssigkeitsgekühlten Asynchron-Elektromotoren zurück. Die beiden radnabennah verbauten Motoren brachten eine Maximalleistung von je 125 kW / 170 PS. Das maximale Drehmoment von zweimal 485 Nm stand systembedingt vom Start weg voll zur Verfügung und sicherte eine angemessene Dynamik, selbst bei voller Beladung. Die Bremsenergie wurde zurückgewonnen und in der Antriebsbatterie gespeichert. Diese war modular aufgebaut. Die einzelnen Module waren im Heckbereich anstelle von Dieselmotor und Getriebe sowie auf dem Dach platziert.
Im ursprünglichen BLT-Konzept für den Versuchsbetrieb der Linie 37 waren noch Fahrzeuge mit NMC-Batterien (Lithium-Nickel-Mangan-Kobald-Oxid-Zellen) mit hoher Schnellladekapazität und Zwischenladungen in Bottmingen vorgesehen. Zwischenzeitlich bot EvoBus jedoch Festkörper-Batterien an, welche anstatt flüssigen Elektrolyts über solches auf festerer Polymerbasis verfügen. Festkörper-Batterien waren zwar voluminöser und nicht schnellladefähig, besassen aber eine deutlich höhere Energiedichte und längere Lebensdauer. Ihre grössere Hitzeunempfindlichkeit minimierte zudem das Brandrisiko. Aufgrund der grösseren Reichweite der neuen Batterietechnologie erübrigte sich nun ein Aufladen auf der Strecke und somit die strecken- und fahrzeugseitigen Installationen. Das Aufladen per Direct Current-Ladung (DC-Ladung = Gleichstrom) über Kabel und Stecker mit einer Ladeleistung von bis zu 150 kW erfolgte zunächst ausschliesslich in der Garage Hüslimatt.
Für die Fahrerausbildung nutzten die BLT einen Leihwagen von EvoBus (Schweiz) AG (12. März 2021, Therwil).
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 933_11)
Mit leichter Verzögerung lieferte EvoBus im Frühjahr 2021 die fünf Fahrzeuge für den Pilotbetrieb auf der Linie 37. Gleichzeitig bestellte die BLT acht weitere eCitaros, welche im Frühjahr 2022 zur Ablieferung kamen. Entsprechend einem überarbeiteten Nummerierungskonzept für Busse erhielten die Wagen die Betriebsnummern ab 1001 (1. Serie) bzw. ab 1010 (Nachserie). Die Schaffung der nötigen Ladeinfrastruktur in der Garage Eptingen liess ab Frühjahr 2023 auch einen Einsatz auf den Linien im Oberbaselbiet zu.
Noch Ende 2023 erhielt die BLT die ersten von vier Neufahrzeugen eines dritten Lieferloses. Diese Wagen mit den Betriebsnummern 1020 bis 1023 wiesen gegenüber den älteren Fahrzeugen zunächst ein abweichendes Aussendesign ohne rotes Band unterhalb der Fenster auf. 2024 wurden alle eCitaros dem neuen Corporate Design der BLT angepasst.
Fahrzeugporträts
MB 628 10 eCitaro Nr. 1002
Kennzeichen: BL 221 732
Inbetriebsetzung: 2021
Ausmusterung: –
seit 2021: Ganzwerbung «primeo energie»
MB 628 10 eCitaro Nr. 1003
Kennzeichen: BL 221 733
Inbetriebsetzung: 2021
Ausmusterung: –
MB 628 10 eCitaro Nr. 1005
Kennzeichen: BL 221 735
Inbetriebsetzung: 2021
Ausmusterung: –
MB 628 10 eCitaro Nr. 1010
Kennzeichen: BL 139 476
Inbetriebsetzung: 2022
Ausmusterung: –
MB 628 10 eCitaro Nr. 1012
Kennzeichen: BL 139 768
Inbetriebsetzung: 2022
Ausmusterung: –
MB 628 10 eCitaro Nr. 1013
Kennzeichen: BL 139 809
Inbetriebsetzung: 2022
Ausmusterung: –
MB 628 10 eCitaro Nr. 1015
Kennzeichen: BL 139 872
Inbetriebsetzung: 2022
Ausmusterung: –
MB 628 10 eCitaro Nr. 1016
Kennzeichen: BL 139 884
Inbetriebsetzung: 2022
Ausmusterung: –
MB 628 10 eCitaro Nr. 1020
Kennzeichen: BL 7008
Inbetriebsetzung: 2023
Ausmusterung: –
MB 628 10 eCitaro Nr. 1021
Kennzeichen: BL 7136
Inbetriebsetzung: 2023
Ausmusterung: –
MB 628 10 eCitaro Nr. 1023
Kennzeichen: BL 196 862
Inbetriebsetzung: 2024
Ausmusterung: –
Zuletzt aktualisiert am 11. Mai 2024 von Dominik Madörin
Hinterlasse einen Kommentar