Jeder Mensch macht Fehler, doch es gibt gewisse Ausnahmen: Autolenker, die, auch wenn sie den grössten Mist bauen, das nicht akzeptieren wollen.

Der Anwalt

Am Riehenring kam es zur Kollision mit einem PW, der rechts abbiegen wollte, aber ausholte wie ein Sattelschlepper. Dabei kam ihm mein Tram in den Weg. Der Lenker, ein junger Mann war einsichtig, nach dem üblichen Prozedere (Anzeichnen, Daten sichern etc.) fuhr ich dann weiter, er wartete auf die Aufsicht. Beim Rückweg fuhr dann ein Kollege weiter, damit ich von der Polizei befragt werden konnte. Nun kam da eine neue Person dazu: Der Vater des Lenkers, mit ungarischem Hintergrund und unmissverständlich betonend, dass er Anwalt sei und sein Herr Sohn keinesfalls an diesem Unfall schuld ist. Als sich die Polizisten und der Kollege von der Aufsicht die Hand gaben, meinte der Herr Anwalt: «Aha, schon alles abgekartet und abgemacht!» Die Polizisten schauten sich nun kurz an mit der Bemerkung: «Sieht aus, als müssen wir das sehr genau untersuchen!». Dann wurde etwa drei Stunden fotografiert, angezeichnet, geschrieben, befragt. Und immer diese Zecke am Hals, die reinredete, fotografierte, lamentierte! Die Polizisten, vermutlich innerlich am Kochen, blieben erstaunlich gelassen. Der arme Sohn stand daneben und sagte gar nichts. Da kam mein Tram zurück, das ich wieder übernahm, wobei der Anwalt sich wiederum beschwerte, dass dieser Verbrecher nun weiterfahren dürfe. Die Schuldfrage war schlussendlich eindeutig, ich hörte nichts mehr von diesem Fall. Zwei Jahre später: Ich erhielt eine Vorladung vom Strafgericht, um als Zeuge bei diesem Vorfall auszusagen. Kaum zu glauben: Dieser Mensch hat den Fall weitergezogen! Ich konnte nicht mehr belangt werden, es ging dem Herrn ganz eindeutig nur ums Ego. Auch dieses Urteil bestätigte dann klar das Erste. Schlussendlich kostete dieser Unfall den Verursacher anstatt ca. 2’000 Franken sicher ein Mehrfaches. Etwas später hatte ich diese Person wieder im Tram, er erkannte mich aber nicht wieder. Jemand brachte mir einen Rucksack, der vergessen wurde. Kommentar dieses widerlichen Menschen: «Das bringt nichts, die BVB werfen das alles sowieso in den Müll!». Da macht man sich seine Gedanken: Wie kann man nur derart griesgrämig durch das Leben gehen? Aber auch: Was, wenn man so jemanden gegen sich hat, im Recht ist, aber keine so eindeutige Beweislage hat?

11. Dezember1990: Der Riehenring präsentiert sich winterlich, doch dem DÜWAG-Be 4/6 640 kann das Wetter nichts anhaben.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 5.614)

Wende-Ego

Etwas Ähnliches mal beim Bahnhof SBB. Dort wendete eine Automobilistin aus Zürich und kollidierte mit meinem 8er. Nur, es war kein Schaden ersichtlich, eine kleine Gummispur am Auto, mit einem Lappen entfernbar. Die Dame fand das aber katastrophal, also sagte ich ihr, sie solle auf unsere Aufsicht warten, und fuhr dann weiter. Als ich zurückkam, staunte ich, da war doch tatsächlich noch die Polizei dazugekommen! Die Frau glaubte unserem BVB-Mann nicht, dass sie im Fehler sei. Die Polizei erklärte ihr dann, dass Linksabbiegeverbote, Sicherheitslinien und Sperrflächen nicht zur Verzierung des Stadtbildes gedacht sind. Nutzte nichts, das Tram habe sie rücksichtslos angefahren, keine Schuldanerkennung! Auch hier dann etwa zwei Stunden Aufnehmen und Rapportieren. Unglaublich: Klare Rechtslage, Schaden gleich null, aber für das eigene Ego gibt man tausende von Franken aus!

Schikanestopp

Beim St. Alban-Tor bediente ich die Haltestelle. Es kam ein Junge angerannt, über den Fussgängerstreifen. Ein Mercedes mit deutschem Kennzeichen musste brüsk abbremsen, dann krachte es, eine typische Auffahrkollision. Das ging mich ja eigentlich nichts an, aber ich bemerkte den Autotyp, einen sportlichen BMW. Das musste ich im Auge behalten (mit den Jahren lernt man, dass zu gewissen Autotypen auch oft bestimmte Autofahrer dazu gehören)! Auf dem Rückweg war dann die Polizei am Aufnehmen, ich liess das Tram kurz stehen und fragte den Polizisten, ob er den Hergang kenne. Die Aussage des BMW-Fahrers war, der Deutsche habe einen Schikanestopp provoziert! Meine Aussage, dass ein Kind angefahren worden wäre, wenn er nicht gestoppt hätte, relativierte das dann doch ziemlich. Und der so selbstsichere und arrogante BMW-Held wurde zunehmend nervös.

Haltestelle St. Alban-Tor mit alleinfahrendem Be 4/6 679 der Linie 3. Aufnahme vom 10. Mai 1998.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 8.350)

Schadenfreude

Normalerweise versucht man immer, eine Kollision zu verhindern. Unfälle sind immer ärgerlich, es gibt Schreibarbeit und die Pause oder der Feierabend verzögert sich. Oft hat man auch Mitleid mit dem «Opfer», eine kleine Unaufmerksamkeit, und es wird ungemütlich und meist teuer! Umso unverständlicher, was einige für Risiken auf sich nehmen, um ein paar Sekunden schneller zu sein, und dann im Endeffekt Stunden an der Unfallstelle zu verbringen! Wenn es jedoch mal einen Provokateur trifft, kann ein Unfall auch Wohlgefühl erzeugen. Am Burgfelderplatz fuhr ich weg, eine Kolonne Autos in Gegenrichtung. Einem ging es zu langsam, er scherte aus über die Sicherheitslinie und überholte die Kolonne unglaublich rücksichtslos. Bis er mein Tram sah: Da wollte er einfach das Auto rechts neben ihm wegdrücken, was aber nicht gelang. So rammte er mein Tram in voller Fahrt und kam nach einer eleganten Pirouette ziemlich ramponiert zum Stehen. Ein Mann stieg aus, auf den ersten Blick Typ Arschloch erster Klasse. Jemand, der ein Kind tot fährt und dann schaut, ob es nicht zu viel Lackschaden gegeben hat. Ich sagte kein Wort, nur dass er die Polizei abwarten solle. Er durfte sich dann mit den anderen Automobilisten herumschlagen, die den Trottel beschimpften und natürlich beste Zeugen hergaben.

Sechs Strassen münden in den Burgfelderplatz. Lange Wartezeiten vor den Lichtsignalen lassen sich nicht vermeiden. Am 17. April 2011 überquert ein Zug der Linie 3 den Platz in Richtung Spalentor.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 10_90)

Zeuge um jeden Preis

Beim Messeplatz (damals noch MUBA) übersah mich ein Lenker aus einer stehenden Kolonne und scherte aus. Die Kollision war nicht gross, nur Lackschaden. Der Lenker, Geschäftsmann, entschuldigte sich, er habe das Tram schlicht übersehen. Nun trat ein älterer Herr, sicher Pensionär der etwas gelangweilten Sorte, hinzu. Er biederte sich beim Lenker und dem dazugekommenen Polizisten an. Er habe alles genau gesehen und das Tram sei rücksichtslos ohne zu bremsen, dafür mit Bimmeln in das Auto gekracht. Die beiden ignorierten den Mann völlig, offensichtlich wollte er auch mal im Mittelpunkt stehen. Nach längerem fruchtlosen bequatschen des Polizisten räumte er beleidigt das Feld und schlich sich maulend davon. Der Polizist meinte zu mir: «Typisch, die stehen den ganzen Tag herum und warten auf Sensationen!».

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Zuletzt aktualisiert am 21. November 2023 von Dominik Madörin