Das Schienen-Oberflächen-Reinigungs-Fahrzeug (SORF) Nr. 2827 in ursprünglicher, vollständig weisser Lackierung bahnt sich am 7. Juli 2016 einen Weg durchs Verkehrsgetümmel auf der Münchensteinerbrücke. Zwischen den LKW-Fahrzeugachsen ist die später ausgebaute Oberflächenreinigungseinrichtung mit Walzenbesen erkennbar.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 198_31)

Ende 2011 schrieben die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) ein Zweiweg-Reinigungsfahrzeug aus, das auch für den Einsatz auf der neuen Strassenbahnstrecke nach Weil am Rhein in der südbadischen Nachbarschaft geeignet war. Es sollte eine schnelle und gründliche Reinigung der Rillenschienen sicherstellen und den störungsanfälligen Xe 4/4 2330 ersetzen. Der Zuschlag ging an die Firma Schörling Rail Tech GmbH (SRT) in DE-Sehnde, seinerzeit Teil der ZAGRO Group.

Basis des sogenannten Schienen-Oberflächen-Reinigungs-Fahrzeugs (SORF) bildete ein LKW-Fahrgestell der Baureihe TGS mit einem Dieselmotor D2066 vom Hersteller MAN. Der Motor musste sowohl den Fahrantrieb als auch den Antrieb der Reinigungseinrichtungen übernehmen und war mit 320 PS entsprechend stark ausgelegt. Der Aufbau von SRT bestand aus einem Hilfsrahmen, auf welchem die Reinigungseinrichtungen sowie die Schienenfahreinrichtung (SFE) auf- bzw. angebaut waren.

Eine selbsttragende Schalenkonstruktion nahm in ihrem hinteren, zum Fahrzeugende hin gerichteten Teil Schmutzraum (6 m3) und Frischwasserbehälter (1,7 m3) auf. Der vordere Teil diente als Abdeckung für den Aggregatebereich mit Hydraulikpumpen, hydrostatisch angetriebenem Ventilator und Wasserpumpen. Ein Luftleitkanal stellte die Verbindung vom Ventilator zum Schmutzbehälter her. Ein vom Ventilator erzeugter Unterdruck im Schmutzbehälter saugte das Kehrgut in den Behälter. Durch Verminderung der Luftgeschwindigkeit und eine besondere Luftführung wurde der Schmutz von der Luft abgeschieden. Kippen des Aufbaus ermöglichte sowohl eine Leerung des Schmutzbehälters als auch eine Freilegung des Aggregatebereichs für Wartungs- und Reparaturarbeiten. Ein auf dem Aufbau montierter Einholm-Stromabnehmer diente als Antennenträger für die Beeinflussung von Signalanlagen sowie Weichen im Schienenfahrbetrieb und hatte keine elektrische Funktion.

Die SFE bestand aus einem zwischen den LKW-Fahrzeugachsen angeordneten, heb- bzw. senkbaren Schienenfahrgestell («Lore»). Jede der beiden Schienenachsen verfügte über einen eigenen Hydraulik-Regelmotor. Im Normallfall wurde das Fahrzeug über den hydrostatischen Fahrantrieb abgebremst. Im Gefahrenfall konnten zusätzlich Scheiben- und Magnetschienenbremsen aktiviert werden. Eine Federspeicherbremse diente als Feststellbremse.

Die für die Oberflächen- und Gleisreinigung notwendigen Einrichtungen waren in der SFE eingebaut. Die Rillen- und Weichenreinigung erfolgte mittels schräg nach unten und in Fahrtrichtung geneigten Hochdruck-Wasserdüsen. Der durch den Hochdruckstrahl gelöste Schmutz wurde vom Saugluftstrom erfasst und in dem Schmutzbehälter geführt. Für die Reinigung der Schienenköpfe dienten pneumatisch absenkbare, rotierende Schienenkopfbürsten. Für die Oberflächenreinigung wurden die im Rahmen der Schienenfahreinrichtung integrierten Saughauben mit vorlaufenden Walzenbesen eingesetzt. Grössere Gegenstände konnten abgesaugt werden, ohne dass Schotter mitgerissen wurde. Mit einem an einem Heckausleger montierten Schlauch konnten Reinigungsarbeiten, die nicht im unmittelbaren Umfeld des Fahrzeuges lagen, durchgeführt werden. Mit einem frontseitig angebauten Sprühbalken liess sich eine grobe Flächenreinigung vornehmen.

Die Lieferung des ganz in Weiss gehaltenen SORF mit der Betriebsnummer 2827 an die BVB erfolgte im Dezember 2013. Änderungen am bereits fertigen Fahrzeug zwecks Einhaltung des Fahrzeugumgrenzungsprofils erforderten jedoch die Rückkehr ins Herstellerwerk und verzögerten die Inbetriebnahme um rund ein Jahr.

Anlässlich der Reparaturarbeiten nach der Kollision auf der Markthallenkreuzung wurde die Oberflächenreinigungseinrichtung ersatzlos demontiert. Das Fahrerhaus sowie die seitlichen Staub- und Schallschutzbleche erhielten eine orange Lackierung.
© Dominik Madörin, CH-Ettingen (Bild-Nr. 198_31)

Am 11. Juli 2016 kollidierte das (vortrittsberechtigte) SORF auf der Markthallenkreuzung mit dem BVB-Gelenkbus MB O 530 G Citaro C2 Nr. 7052. Anlässlich der Reparaturarbeiten wurde die selten genutzte Oberflächenreinigungseinrichtung demontiert und den gewonnen Platz zwischen den Schienenachsen für die Montage grösserer Schienenbremsmagnete genutzt.

Am 9. April 2019 entgleiste das Schienenreinigungsfahrzeug kurz vor der Haltestelle Käppeli. Ursache war ein Gleislagefehler.

Um die Wahrnehmung als Schienenfahrzeug im Verkehr zu verbessern, wurde das Fahrzeug in zwei Etappen von Weiss auf Orange umlackiert.

Technische Daten bei Inbetriebsetzung:

Marke/Typ: MAN TGS 18.320
Anzahl Wagen: 1
Wagennummer: 2827
In Betrieb: seit 2014

Fahrgestell: MAN
Aufbau, Schienenfahreinrichtung: Schörling Rail Tech GmbH
Anschaffungskosten: k. A.
Länge über alles: 8’350 mm
Grösste feste Breite: 2’410 mm (2’300 mm, wenn Spiegel eingeklappt)
Grösste feste Höhe: 3’800 mm (im Schienenfahrbetrieb)
Radstand: 4’500 mm
Radsatzabstand im Schienenfahrwerk: 1’950 mm
Radsatzfolge: Bo
Taragewicht: 16’000 kg
Zuladung (auf Schiene): 1’700 kg
Höchstgeschwindigkeit: k. A. (Strasse), 30 km/h (Schiene)

Motor: MAN D2066 EURO 5 (Diesel, Turboaufladung, Ladeluftkühlung)
Anzahl Zylinder: 6
Hubraum: 10’518 ccm
Leistung: 320 PS bzw. 235 kW

Getriebe: k. A.

Bremsen: Druckluft-Scheibenbremsen, Hydrostatikbremse, Magnetschienenbremse, Federspeicher-Feststellbremse

Fahrzeugporträt

MAN TGS 18.320 Nr. 2827

Kennzeichen: BS 259 (blau)

Übernahme: 11.2014
Ausmusterung: –

11.07.2016: Kollision mit MB O 530 G Citaro C2 Nr. 7052
09.04.2019: Entgleisung in Muttenz

Zuletzt aktualisiert am 22. November 2023 von Dominik Madörin