Anstatt die Breslauer Waggonfabrik wurde die einheimische SIG mit der Lieferung des mechanischen Teils der Ce 2/2 51–83 beauftragt. Auf dem Bild der Ce 2/2 51 bei seinen ersten Gehversuchen im Werkareal in Neuhausen.
© Werkaufnahme SIG (Sammlung Dominik Madörin, CH-Ettingen)

Im Hinblick auf Netzausbauten mussten die Basler Strassenbahnen (B.St.B.)  ihren Fahrzeugbestand vergrössern. Bereits 1898 lieferte Siemens & Halske (S&H) einen Muster-Motorwagen neuer Bauart. Aufgrund der guten Erfahrungen mit dem als Nummer 50 (später 22) eingereihten Zweiachsers mit offenen Plattformen beschlossen die B.St.B., 33 Fahrzeuge dieser Bauart zu beschaffen. Dabei gelang es, die einheimische Schweizerische Industrie-Gesellschaft (SIG) mit dem Bau des mechanischen Teils zu beauftragen. S&H blieb Lieferantin der elektrischen Ausrüstung.

Die neuen Wagen kamen in den Jahren 1900–01 in Betrieb und entsprachen weitgehend dem Prototypen. Zunächst erhielten sie die Bezeichnung Ce 2/2 51–83, wurden aber bereits ab 1918 mit den Nummern 23–55 geführt. Konzipiert als typische Stadtwagen mit Längssitzen waren sie jahrzehntelang auf den damaligen Linien 1 und 2 anzutreffen und gaben auch der kombinierten Linie 4/5 das Gepräge.

Die Motorwagen wiesen eine Länge von acht Metern auf, waren zwei Meter breit und wogen etwas über neun Tonnen. Der Wagenkasten aus Holz mit Stahlblechbeplankung verfügte über herablassbare Seitenfenster. Die letzten sieben Wagen der Serie (Ce 2/2 77–83, später 49–55) erhielten statt vier nur drei Seitenfenster, wobei das mittlere als breites «Panorama­fenster» ausgeführt war und nicht geöffnet werden konnte. Versenkbare Holzjalousien boten Schutz gegen die Sonneneinstrahlung. Zur besseren Belüftung trug das Dach einen Laternenaufsatz mit verglasten Klappen. Der Innenraum bot nach damaligen Berechnungsgrundlagen 16 Stehplätze und ebenso viele Sitzplätze auf Längsbänken. Die letztmals offen ausgeführten Plattformen besassen neu eine herunterklappbare Verglasung. Gitter bei den Einstiegen verhinderten das Auf- oder Abspringen während der Fahrt. Die unter den Plattformen angebrachten Drahtgitterfender amerikanischer Bauart waren ebenfalls eine Neuerung. Sie sollten verunfallte Personen vor dem Überrollen bewahren.

Gegenüber den ersten Basler Strassenbahnwagen von 1895 wies auch das Untergestell deutliche Verbesserungen auf. So erfolgte die Kraftübertragung der beiden Fahrmotoren vom Typ B 14/30 mit je 20 PS Leistung über Zahnräder statt mittels Ketten. Fahrmotoren dieser Bauart bewährten sich bereits in den Ce 2/2 27–40 und im Musterwagen 50. Zur Erprobung erhielt der Ce 2/2 81 stärkere Motoren S&H cD 17/18 (zunächst möglicherweise als Typ CBD bezeichnet).

Eine nunmehr zweistufige Abfederung sorgte zusammen mit dem auf 1’700 mm vergrösserten Achsabstand für einen ordentlichen Fahrkomfort. Erstmals war die Handbremse mittels Kurbel statt Hebel zu bedienen. Die stehend eingebauten Fahrschalter mit acht Fahr- und sechs Bremsstufen waren wesentlich einfacher zu bedienen als jene der ersten zweimotorigen Wagen von 1897. Zeitgemäss ausgeführt waren die elektrische Beleuchtung mit 15 Glühbirnen in drei Serien, der Lyrabügel zur Stromabnahme und die Wagenautomaten auf dem Dach.

Technische Daten bei Inbetriebsetzung:

Typenbezeichnung: Ce 2/2
Anzahl Wagen: 33
Wagennummern: 51 bis 83 (später 23 bis 55)
Im Linienbetrieb: 1900 bis 1967

Mechanischer Teil: SIG
Elektrische Ausrüstung: S&H
Anschaffungskosten/Wg.: CHF 17’000.–

Länge über alles: 8’060 mm
Breite: 2’050 mm
Grösste feste Höhe: 3’700 mm
Radsatzabstand: 1’700 mm
Radsatzfolge: Bo
Dienstgewicht: 9’100 kg
Sitz-/Stehplätze: 16/16
Höchstgeschwindigkeit: 25 km/h

Anzahl Fahrmotoren: 2
Hersteller/Typ: S&H B 14/30
Dauerleistung: 2 x 20 PS bzw. 2 x 15 kW
Übersetzungsverhältnis: 1:5,5

Bremsen: elektrische Widerstandsbremse, elektrische Gegenstrombremse, Handbremse

Keine anderen Basler Strassenbahnwagen mussten während ihrer Einsatzzeit derart umfassende Umbauten und Modernisierungen über sich ergehen lassen wie die Ce 2/2 51–83. Dies darf allerdings nicht als Hinweis auf eine Fehlkonstruktion aufgefasst werden. Nur eine konsequente Anpassung an die sich verändernden Betriebsbedingungen machte es möglich, dass die Fahrzeuge bis zu 67 Jahre im Einsatz standen, denn die zur finanziellen Selbsterhaltung verpflichteten B.St.B. konnten die aus technischen und wirtschaftlichen Gründen stets erwünschte Erneuerung ihres Wagenparks nur schrittweise vornehmen.

Eine erste, das Aussehen der Wagen grundlegend verändernde Modernisierung nahm die B.St.B.-Werkstätte zwischen 1909 und 1912 vor. Dabei wurden bei allen 33 Fahrzeugen die Plattformen rundum geschlossen und mit seitlichen Schiebetüren versehen, der Achsabstand zur Verbesserung der Fahreigenschaften auf zwei Meter vergrössert, die störungsanfälligen Drahtgitterfender durch einfache Spitzbahnräumer ersetzt und die ursprünglich unter dem Wagenboden liegenden Anfahr- und Bremswiderstände auf das Dach verlegt. Es folgten kleine Änderungen bei der Federung und zwischen 1924 und 1932 ein Ersatz der Fahrmotoren durch solche mit einer Leistung von 34 PS. 1935 wichen die Lyrabügel Scherenstromabnehmern.

Ein zweiter grosser Umbau drängte sich auf, da fehlende Stirnwandtüren das Mitführen von Anhängewagen zusehends erschwerten und sich die Anordnung der neuen Schiebetüren als ungünstig erwies. Zwischen 1931 und 1938 wurden diese Mängel bei allen 33 Motorwagen behoben und zudem die Holzjalousien durch Sonnenstoren ersetzt, Rutenkupplung und Befehlslicht nachgerüstet sowie die Beleuchtung abgeändert. Beim Untergestell erweiterte man den Achsabstand auf 2,6 Meter, brachte Magnetschienenbremsen an und änderte die Federung ein weiteres mal ab. Erneut wurden die Fahrmotoren durch solche von BBC mit grösserer Leistung ersetzt (neu 50–53 PS) und BBC-Fahrschalter montiert, welche mit den stärkeren Motoren besser zurechtkamen. Die nun über zwölf Tonnen schweren Fahrzeuge waren zwar nach wie vor technisch veraltet und aufgrund ihrer Längssitze unbeliebt, blieben aber bis Kriegsausbruch unentbehrlich.

1946 begann die Ausmusterung zahlreicher Wagen. Zwei Exemplare wurden abgebrochen, neun nach Innsbruck verkauft. Elf fanden in Basel bis Ende der Sechzigerjahre weitere Verwendung als Dienst- oder Reklamewagen. Der Ce 2/2 49 kam zur Materialtransportbahn für den Bau des Kraftwerkes und der Schleusenanlage Birsfelden. Die letzten zehn im Personenverkehr verwendeten Wagen liefen fast ausschliesslich auf den ausländischen Pendellinien nach Saint-Louis und Lörrach. 1967, als der Trambetrieb in Lörrach durch einen Busbetrieb ersetzt wurde, schlug auch ihre letzte Stunde. Lediglich der Be 2/2 30, welcher 1970 zum Jubiläumswagen 4 umgebaut und dabei stark verändert wurde, sowie der Dienst-Motorwagen Xe 2/2 2014 entgingen dem Abbruch.

Wird fortgesetzt…

Zuletzt aktualisiert am 20. November 2024 von Dominik Madörin